Weil der Reifen so gut hält und wir ja noch Ersatzrad und Vulkanisierungsspray als Puffer im Kofferraum haben, beschließen wir, heute als erstes einmal die Schotterpiste zum Hoffellsjökull zu fahren. Hier gibt es zwar keine Furten oder gewagte Steigungen, Kurven oder Blindheads, dafür fährt man knapp 10 km komplett durch mehr oder minder groben Kies. Im Grunde führt die Straße mitten durch das trockene Bett des Gletscherflusses. Spaß macht es nicht so richtig, aber die Aussicht auf den - wieder anders als die letzten drei Gletscher aussehenden - Hoffellsjökull ist es wirklich wert.
Natürlich darf auch ein Mietwagen-Foto vor rauher Landschaft nicht fehlen.
Hier würden auch einige Wanderungen starten, aber irgendwie passt hier nichts so richtig. 2 km über die Endmoräne muss nicht sein und für richtige Gletschertouren fehlt uns Erfahrung, Ausrüstung und Führung.
Auf dem Rückweg halten wir noch an den Hoffell Hot Tubs, weil wir diese als Badeoption notiert haben. So richtig ist uns aber nicht danach, zumal die Aussicht auf den Gletscher nicht ganz so toll ist, wie es auf den Fotos im Internet wirkt, man muss sich schon sehr drehen, um nicht Richtung Parkplatz und noch dazu zwischen Felswand und Scheune vorbei auf den Gletscher zu schauen. Abgesehen davon habe ich in den letzten Wochen so vieles zur inzwischen zweifelhaften Wasserqualität vieler Badestellen in Island gelesen, dass wir uns irgendwie nicht so richtig zu einem Bad überwinden können. Stattdessen nehmen wir jetzt endlich den in meiner Reiseplanung noch fehlenden Punkt "Fotos vom Vestrahorn" in Angriff und hoffen, dass der für abends gemeldete Regen auch wirklich noch so lange auf sich warten lässt.
Am Viking Café entrichten wir brav unsere 900 ISK pro Person Eintritt (inzwischen bekommt man dafür eine Karte mit der sich die Schranke an der Zufahrt öffnen lässt) und erweben noch zwei Karamellmuffins, einen mit Schoko und einen mit Zimt als Nachmittagssnack. Diese werden dann auch sogleich beim ersten Halt auf dem hinteren Parkplatz am Leuchtturm verzehrt.
Hier soll man neben dem Vestrahorn, das sich teilweise in den Wolken versteckt, auch Vögel und gelegentlich Robben beobachten können. Wir entschließen uns also zunächst für einen Spaziergang durch die wilde, teils felsige Dünenlandschaft, auch wenn uns hier mal wieder ein kräftiger Wind bei frischen 9 °C um die Ohren pfeift.
Am Ende waren es wohl doch gut 5 km, die wir hier dem Wind und der Kälte getrotzt haben, und es kamen auch noch einige schöne Fotos zusammen.
Wild brandende Brandung
Eiderenten mit Jungen und beim Mittagsschlaf
Rudelweise Austernfischer
Rotschenkel
Und ein Steinwälzer, den mein Mann entdeckt hat, und den ich auch erstmal bestimmen musste...
...vielleicht guckt er ja deshalb so missbilligend.
Auch ausgesprochen freundliche Schafe sind uns wieder einmal in den Dünen über den Weg gelaufen.
Danach wird (sicherheitshalber aufgrund des Windes und Sandes) im Auto vom Tele auf Weitwinkel umgebaut und mit Stativ bewaffnet geht es wieder ein Stück des Weges zurück, weil Frau eine erste gute Stelle zur Ablichtung des immer noch einseitig umwölkten Vestrahorns entdeckt hat.
Und weil der Mensch ein Herdentier ist und jemand, der mit Stativ und Spiegelreflex unterwegs ist, ja sicher voll den Plan haben muss, tauchen hinter uns noch weitere Menschen mit Kamera auf, die diese bis gerade menschenleere Stelle am Weg jetzt als super tollen Fotospot entdeckt haben. Na denn, so lange sie mir nicht ins Bild laufen, nehme ich es amüsiert zur Kenntnis, während mein Mann überlegt, mich als berühmte Fotokünstlerin zu verkaufen.
Danach schlagen wir uns noch auf der gegenüberliegenden Seite durch die Dünen zum Strand und auch dort mache ich noch ein paar Fotos.
Leider ist das vestrahorn weiterhin linksseitig schamhaft, aber das ist nicht zu ändern, wenn mehr nicht schief geht. Jetzt sind wir jedenfalls sandig (zumindest ich, mein Mann sollte sich noch mehrfach am Abend wundern, wie viel Sand ich aus meinen Schuhen, unter meinen Innensohlen und aus meinen Socken befördere), durchgefroren und hungrig. Die Uhrzeit passt und so ergattern wir wieder unseren gut belüfteten Tisch im Eingangsbereich des Pakkhus, genau wie vor zwei Tagen. Mein Mann möchte Pferd probieren (zum Glück bin ich da schmerzfrei) ich lieber mehrere verschiedene Gerichte und so bestelle ich zwei Vorspeisen, eine als Vorspeise und eine als Hauptgericht. Bei Vorspeise Nr. 1 handelt es sich um geräuchertes Lamm auf isländischem Flatbread und geräucherte Wildgansbrust gerollt in hauchdünne asiatische Pfannkuchen. Das ganze wird auf einem kleinen, räuchernden Tischgrill zusammen mit Brot und super leckeren hausgemachten Kartoffelchips serviert.
Als Hauptgericht bekommt mein Mann das Pferd, das Gunnarsson hieß, braun-weiß war und auf dem unser Kellner noch zum Dienst geritten ist. Leider mussten sie es jetzt schlachten, weil mein Mann sich Pferdesteak bestellt hat. Eine tragische Geschichte, aber jetzt soll es nicht umsonst gestorben sein. (Wir haben einen großteil des Abends mit blödsinnige Scherze mit dem Kellner Machen zugebracht, von daher war das schon ok, keine Ahnung, ob er dies zart besaiteten Gästen auch erzählt. Aber vermutlich bestellen diese dann auch kein Pferdesteak.) Ich esse eine Lobster-Soup, noch einmal was mit Langostinos muss unbedingt sein. Erfreulicherweise schwimmt in der Suppe auch nochmal ein ganzes dieser wunderbaren Meerestiere.
Wir haben beide noch Raum für Nachtisch, und so wagt sich mein Mann an die Crème brûlée mit Lakritz (die zugegebenermaßen nicht so furchtbar ist, wie man meint, das bittere Lakritz passt tatsächlich ganz gut zum geflämmten Zucker) und ich möchte heute unbedingt den Skyr Vulkan versuchen.
Ist lecker, aber siehr spektakulärer aus, als es ist. Bei den Lavaklumpen handelt es sich um schwarz gefärbtes Baiser und sehr zur Freude meines Mannes färbt es auch meine Zähne und Lippen ebenfalls kurzzeitig schwarz.
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