Mittwoch, 16. Februar 2022

Some like it cold - Winterabenteuer

Der versprochene Schnee ist leider nicht eingetroffen, dafür ist die Wettervorhersage ansonsten gut und ich gönne mir einen Ausflug nach "Morokulien"  (http://www.morokulien.de/). Klingt, als wäre es eine totale Bildungslücke, diesen Ort nicht besucht zu haben, und wir haben schon seltsamere Orte in Schweden besucht. Die Fahrt gestaltet sich gemütlich durch schöne Landschaft ohne Verkehr, so dass auch mal ein Foto vom Fahrersitz möglich ist.
Ich habe das Gefühl, es wird ein wenig winterlichter. Nach meiner einsamen Fahrt trifft mich bei der Einfahrt nach Charlottenburg fast der Schlag, auch hier mehrere Einkaufscenter hintereinander. Es muss sich für Norweger extrem lohnen, in Schweden einzukaufen. Nachdem ich Schweden unspektakulär gen Norwegen verlassen habe, furte ich zunächst zwecks Toilettenpause die Zufahrt zur Tankstelle, die in unmittelbarer Nähe zum Friedensdenkmal liegen soll. Zumindest der Straßenzustand hier ist noch recht winterlich.
Der Blick nach Norwegen ist auch winterlich aber nicht sonderlich einladend. Daher lasse ich die Grenzüberquerung heute mal noch sein.
Ich folge der etwas undurchsichtigen Beschilderung zu Friedensmonument und Touristeninfo, die in mehrere Richtungen gleichzeitig zu zeigen scheint, und finde mich bei meinem ersten spektakulären Wintererlebnis für heute wieder. Ich schaffe es tatsächlich ohne größere Rutschpartie auf den komplett vereisten Parkplatz und finde ein aufgetautes Plätzchen zum Parken. Wer weiss, ob ich von der Eisfläche wieder wegkomme, wenn ich einmal darauf anhalte. Gutes Winterauto, schöner Allradantrieb, feine Winterreifen!!!
Zumindest weiss ich jetzt, dass mein Auto auch auf blankem Eis relativ stabil fährt. Das sollte sich nachher noch belohnen (oder rächen, ich bin mir nicht sicher).
Im Gegensatz zu meinem Auto habe ich keine vier Räder, sondern nur zwei Beine, die zwar mit festen und gut profilierten Wanderschuhen ausgestattet sind, aber wohl fühle ich mich auf der Eisbahn trotzdem nicht so richtig. Ich suche mir einen halbswegs sicheren Weg zur ausgeschilderten Touristeninformation, die gleichzeitig in Norwegen und Schweden, genau auf der Grenze, liegt und natürlich "Stängt" ist. Ob "för Vintern", "Säsongen" oder weil-halt, geht aus dem Schild nicht hervor, dafür ist es sogar auf Deutsch untertitelt. Sicher für die hunderte anderen deutschen Touristen, die sich hier außer mir nicht rumtreiben. Eigentlich treibt sich hier gar niemand außer ein paar an der Grenze rastenden LKWs und ein paar Einkaufstouristen aus Norwegen rum. Könnte auch ein Grund sein, warum die Touristeninfo geschlossen hat. Langer Rede, kurzer Sinn, ein Foto hab ich davon auch nicht gemacht. Fun Fact: 90 % der anderen Fahrzeuge, die hier parken, sind mit Spikes ausgestattet. Aber halt auch nicht alle, das beruhig mich irgendwie total. Ganz ohne Touristeninfo finde ich heraus, dass das Friedensmonument auf der anderen Seite der Straße, genau hinter der eben besuchten Tankstelle steht. Ich könnte jetzt lebensmüde durch eine spiegelglatte Unterführung auf die andere Straßenseite schlittern, oder mich darauf verlassen, dass das winterbereifte Allrad-Fahrzeug den Rückweg zur Tankstelle wieder ebenso gut schafft wie den Hinweg. Ich entscheide mich für letzteres und werde nicht enttäuscht. Danach muss ich nur noch einen halbwegs sicheren Weg durch die Eiswüste finden. Ich entscheide mich für den schlammigen Weg durch das Feriendorf, bei dem ich nur einen kleinen Schmelzwassersee umlaufen muss,
und schaffe es, irgendwie lebend am Friedensmonument anzukommen und mache sogar ein paar Fotos von meinem touristischen Highlight des Tages.

Es wäre jetzt sicher schön, ein bisschen im Friedenspark (irgendwie muss ich dabei immer an die Grenzzone zwischen Nord- und Südkorea denken) herumzuspazieren, aber die winterlichen Bedingungen sind dafür nicht optimal. Ich möchte weder auf dem Eis ausgleiten, noch irgendwo in einer unbemerkten Schmelzwasserpfüte versinken. Also beschränke ich mich auf ein paar weitere Fotos, unter anderem vom norwegischen Glockenturm, dessen zugehörige Kirche auf schwedischem Boden steht. Bei welchem Gebäude es sich jetzt um selbige Kirche handelt, kann ich leider nicht genau sagen.

Ich nehme vor der Weiterfahrt noch mein mitgebrachtes Mittagessen ein, statt isländischem dunggeräuchertem Lamm gibt es schwedischen vindelrökt Skinka. Klingt ja irgendwie auch fast wie dunggeräuchert, ist aber einfach normaler (und sehr leckerer) Räucherkochschinken.

Für den Rückweg habe ich mir - wie gestern auch - noch 2 Haltepunkte ausgeguckt, wo ich ein bisschen fotografieren wollte. Wandern scheint aufgrund des Wegzustands ja eher suboptimal zu sein. Hier spiegelt es mal wieder schön im See:
Auch an einer schön an einem See gelegenen Kirche halte ich nochmal an, inzwischen ist das Wetter auch ziemlich gut geworden. 

Nach meiner gestrigen Erfahrung mit Friedhofswegen ziehe ich auch hier für meinen kurzen Spaziergang wieder festes Schuhwerk an. Zum Glück muss ich mir hier keine Gedanken über matschige Wege machen, die meisten sind noch fest vereist und teilweise spiegelglatt. Dennoch ist es hier wunderschön. Wer möchte nicht gern mit dieser Aussicht begraben sein...
Ich versuche, einen nicht allzu lebensgefährlichen Weg zum Seeufer zu finden und schaffe es einigermaßen, indem ich durch den der Kirche angehörigen Fuhrpark mit Baumaschinen laufe und dann über eine ziemlich hart gefrorene Wiese bis zum winterlich leeren Bootsanleger. Wirklich schön hier.


Dank Sonne im Rücken, mache ich ein paar "Selfies".


Auch die Eisfläche hinter mir im Gegenlicht ist ein schönes Motiv und wird daher - nicht nur zur Dokumentation des Wegezustandes - abgelichtet.
Auch diese Perspektive der Kirche mit Bäumen ist fotografierenswert:
Noch ein Foto für den Rückweg und dann mache ich mich wieder auf den Weg, noch nicht ahnend, was noch so alles auf mich zu kommt.
Zunächst fahre ich eine kurze, landschaftlich schöne Alternativstrecke, die ich nicht so richtig genießen kann, weil mir ein Schulbus zeitweise ziemlich im Nacken klebt. Also fahre ich zügig weiter, um dann prompt am Abzweig zurück auf die 177 in die falsche Richtung abzubiegen. Macht aber nichts, es ist sehr schön hier. Und wieder kein Verkehr also Fotomöglichkeiten "aus dem Auto".

Nach einigen Minuten kommen mir die Perspektiven doch sehr vom Hinweg bekannt vor, ich bin also wieder Richtung Norden statt Süden abgebogen. Hätte einem auch am Stand der Sonne, die ja inzwischen aus südlicher Richtung hinter mir scheint, auffallen können. Ich wende also und genieße die Landschaft nochmal aus anderer Perspektive.
Was ich auch nicht mehr auf dem Schirm hatte, war, dass ich bewusst auf dem Hinweg nicht den kürzesten Weg durch Norwegen gewählt hatte, weil ich in Schweden bleiben wollte. Die Option "Norwegen" scheint mein Navi auch nicht mehr auf dem Plan zu haben, dafür hat Google Maps wohl die letzten Jahre mein Fahrverhalten und meine Streckenvorlieben ausreichend analysiert, um mir eine Straße vorzuschlagen "die mir, basierend auf meinen bisher gefahrenen Straßen bestimmt gefallen würde" (zumindest würde es Google Analytics sicher bei einem Werbevorschlag so formulieren, wenn maps nicht einfach "hier links abbiegen" sagen würde). Ich biege also auf eine gut ausgebaute, schon vielfach in gleicher Art befahrene Schotterstraße in sehr gutem Zustand. Gut, leicht winterlich sieht sie aus, aber das tut unsere Zufahrt ja auch, also wird schon passen für die nächsten 20 km.
Die Straße wird dann doch recht bald sehr winterlich, aber da mein Auto bereits mehrfach optimale Wintertauglichkeit in verschiedenen Situationen bewiesen hat und ich mich fahrerisch recht sicher fühle, lasse ich es drauf ankommen. Mehr oder minder langsam geradeaus fahren geht sicher besser als wenden. Und ich liebe ja fahrtechnische Herausforderungen.
Von weiß über sehr weiß bis hin zu spiegelglatt weiss ist alles dabei.

Dennoch sind Fahrzeug und Fahrerin zu keinem Zeitpunkt überfordert, ich huldige nur mehrfach meinen Schaltwippen, die mir hinter Kuppen bei steileren Abfahrten mit Kurven (sahen spektakulär aus, aber dort wäre es unverantwortlich gewesen, noch Fotos zu machen) erlauben, die Hände am Lenkrad zu lassen und schnell in den zweiten Gang zwecks Aktivierung der Motorbremse zu schalten. "Richtiges" Bremsen vermeide ich auf derartigem Untergrund tunlichst. Nennt sich wohl angepasstes Fahren. Irgendwann ist dann auch der Handyempfang weg und ich sinniere kurz darüber, wie es wohl ist, hier nach einem Fahrfehler bis zum Frühling festzuhängen, als mir diverse Jogger und Spaziergänger begegnen. Ich grüße total souverän und werde freundlich und unbeeindruckt zurückgegrüßt. Kurz darauf lande ich auch trotz des abenteuerlichen Straßenzustandes für die letzten 10 km in erstaunlich dicht besiedeltem Gebiet. Die Straße ist hier auch nicht mehr komplett vereist, aber dafür gibt es wieder diesen lustigen, schwimmenden Schotter. Nicht zu vergessen, die ganzen Blindheads, die hier einfach mal so ohne Ankündigung vor einem auftauchen.
Erstaunlich viel Verkehr ist hier jetzt auch, ich habe einen mit rotem Warndreieck markierten Fahranfänger, mehrere Firmenfahrzeuge von Handwerksbetrieben, einen Kleinbagger sowie einen mittelgroßen Schulbus auf der Sichtungsliste. Außerdem fängt es an zu regnen. Ich wünsche mich auf die entspannte Eispiste im Wald zurück, aber hilft ja nichts. Immerhin komme ich noch an einem schönen See vorbei, wo es gerade wieder ausreichend verkehrsarm für ein Foto ist.
Drei Kilometer vor der nächsten Abzweigung geht der Schotter netterweise auch wieder in Asphalt über, nur dass mich Google Maps nach einem kurzen Rendezvouz mit einer Hauptstraße schon wieder auf die Schotterpiste nach Stenbäcken schickt. Zuerst denke ich noch, es ist einfach die frühere Einfahrt zu der Piste, die es irgendwo nördlich unserer Standardeinfahrt geben müsste. Irgendwann dämmert es mir aber, dass ich mich auf der anderen Seite des Sees befinden muss, wohl wissend, dass die Brücke, zu der mich Maps gerade führt, im Winter gesperrt ist. Diesmal bleibt mir nichts als Wenden übrig, aber es gibt eine breite und eisfreie Einfahrt, auf der sich das gut bewerkstelligen lässt. Also die steile, abenteuerliche Schotterpiste mit allen Kurven und Blindheads wieder zurück zur Hauptstraße.
Danach finde ich recht schnell den richtigen Abzweig und schwimme entspannt durch den Schotter mit Eisflächen zum Ferienhaus. Zum Abendessen habe ich mir heute ein Entrecote verdient, das ich mir alsbald mit Ofenkartoffeln und kleinen Paprika in die Pfanne werfe. Da das Fleischstück riesig war, wird es nach dem Braten brüderlich geteilt. Brät sich halt schöner am Stück und im Foto sieht man dann auch das perfekt Medium gegarte Fleisch.
Jetzt habe ich mir den gemütlichen Abend auf dem IKEA-Poäng-Sessel redlich verdient.

Das Elchbarometer stand heute auf Pferd, denn die meisten gesichteten Elche waren Pferde (der Rest Kühe).

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