Sonntag, 20. Februar 2022

Some like it cold - Holmenkollen

Wir verlassen heute tatsächlich schon (durchaus ein wenig wehmütig) unser gemütliches und wirklich top ausgestattetes Cottage Stenbäcken, um uns auf den Weg in den hoffentlich "richtigen" Winter nach Norwegen zu machen. Wir packen gemütlich und verlassen überpünktlich um 10:56 (bei Checkout Zeit 11 Uhr) das Cottage, um in der Einfahrt beinahe mit dem Putzdienst zu kollidieren. Mit ein bisschen Rangieren und wildem Gestikulieren sieht die Dame auch recht schnell ein, dass es Sinn macht, mich erst aus der ein-Auto-breiten Zufahrt raus- und dann ein Stück rückwärts fahren zu lassen, bevor sie in die Zufahrt einbiegt. Wir haben ab hier 180 km Fahrstrecke vor uns, für die Google Maps etwa zweieinhalb Stunden veranschlagt. Das passt vermutlich ziemlich gut, die Strecken sind hier oft kurvig und die Geschwindigkeitsbegrenzung zwischen 60 und 100 km/h. Wären wir also trotzdem gegen 13 Uhr im Hotel. Das erscheint uns zu früh. Ich habe noch irgendwo eine kleine Wanderung im Umland von Oslo gespeichert, in meinem Kopf spukt ein Wasserfall im Zusammenhang mit der Wanderung herum, in der Beschreibung findet sich aber irgendwie nichts mehr davon. Auch haben wir nach den vereisten Wegen gestern keine verstärkte Motivation, unterwegs zu wandern, zumal das Auto vollgepackt nicht zwingend irgendwo im Nirgendwo rumstehen muss. Wir haben also gerade mal so gar keinen Plan, wie wir den Tag herumbringen, aber der Weg ist wie so oft das Ziel, es wird sich schon noch was finden. Zunächst drückt der Morgenkaffe, und so ist der erste Halt früher als geplant schon an der norwegischen Grenze, wo sich neben der Toilette noch ein Souvenirgeschäft mit gar nicht schlecht aussehenden hellblauen Softshelljacken befindet. Bei Softshelljacken in bestimmten Farben werde ich gerne mal schwach, zumal ich mich schon lange beim Kauf von Outddoorklamotten zurückgehalten habe. Diese ist noch dazu optimal fürs Bogenschießen geschnitten, nicht zu dick, nicht zu dünn, wasserdicht und noch dazu um 30% reduziert. Da hat mein Bläschen mich wohl zum richtigen Halt getrieben. Man soll ja gelegentlich mal auf seinen Bauch hören. 
Hinter der norwegischen Grenze, die wir vollkommen unbehelligt passieren, wird die Landschaft schnell felsiger, was - sehr zu unserem Entzücken - zu noch mehr, noch tolleren Eisgebilden an den Felswänden am Straßenrand als in Schweden führt. Natürlich ohne Möglichkeit zum Stoppen für Fotos. Die Ankunftszeit ist jetzt bei 13:45, was uns immer noch zu früh erscheint. Beim Sinnieren über die Fahrstrecke und, dass wir Oslo im Süden passieren, fällt frau eine ihrer vielen merkwürdigen Leidenschaften ein: Skisprungschanzen. Schließlich haben wir das Hotel quasi allein nach seiner Lage an der weltgrößten selbigen ausgewählt. Aber andere Orte haben auch schöne Schanzen und mir fällt siedend heiß ein, dass wir irgendwann Mitte der 2000er in Oslo waren und dort am Holmenkollen Stunden an der Skisprungschanze verbrachten, weil frau mit einer viel zu langsamen Automatikkamera versuchte, Skispringer im Vorbeiflug zu fotografieren, während dem Gatten langsam die Füße erfroren. 2011 wurde die damalige Schanze abgerissen und durch eine architektonisch sehr faszinierende Nachfolgeschanze ersetzt. Langer Rede, kurzer Sinn: Wir schauen mal, wie lange der Umweg nördlich an Oslo vorbei mit einem Abstecher zum Holmenkollen wäre. 30 Minuten, die haben wir heute locker noch Luft, also schnell den Holmenkollen als neues Ziel programmiert und der für Oslo erstaunlich kleinen, kurvigen und steilen (zwar schneefreien aber verkehrsreichen) Bergstraße zum Holmenkollen gefolgt. Schon am Parkplatz kann man das 2011 errichte architektonische Meisterwerk durch die Bäume schimmern sehen.
Obwohl ich inzwischen eine deutlich bessere Kamera besitze, findet zur Freude des Gatten heute kein Skispringen, sondern ein Langlauf Wettbewerb unterhalb statt. Dieser ist fotografisch weniger interessant, zumal kein Springen bedeutet, man kann den Aussichtspunkt auf der Schanze besuchen. Das konnten wir damals bei der alten Schanze nicht, lassen es uns aber diesmal nicht entgehen. Zunächst wird das gute Stück aber von unterhalb aus allen Perspektiven abgelichtet: Die Lande- und Auslaufzone. Wenn ich dort landen müsste, würde mir auch so einiges auslaufen.

Gebein der Schanze von unten. Die Perspektive hat man ja auch nicht alle Tage.

Formschön. Dank der Menschen im Bild sieht man auch die Größeverhältnisse.

Eine Etage höher liegt das Holmenkollen Museum mit Eingang zum Turm. 

...sagte ich schon, formschön?
Wir kaufen ein Ticket für Museum und Aussichtsturm. Das Museum zeigt bunt gemischt alles vom Norwegischen Skilauf, über die Südpolexpeditionen bis hin zu einem ausgestopften Elch, der sogleich für ein Selfie herhalten muss.
Das Elchbarometer stürzt derweil ins Bodenlose aufgrund dieses Frevels. Ich hake das Thema "Elche in diesem Urlaub noch sehen" sicherheitshalber an dieser Stelle ab.
Wir begeben uns zum Schrägaufzug zur Aussichtsplattform. Hier bieten sich nochmal ein paar interessannte Ansichten des Inneren der Schanze nach oben...
... und unten.
Und dann stehen wir da, an dem Punkt, wo sich Sportler ohne jeglichen Überlebenstrieb in die Tiefe stürzen. Ob da irgendjemand noch Augen und Muße für den tollen Blick über Oslo (hinten am Wasser gelegen) hat?
Für die weniger wagemutigen befindet sich oberhalb noch eine Aussichtsplattform mit schönem Rundumblick. Unten die Langlaufarena, dahinter eine schöne Holzkirche.

Nochmal Blick über Oslo:


Auslaufzone mit Stadion und wieder: Blick bis Oslo. Die Aussicht hier oben ist wirklich toll und auch irgendwie außergewöhnlich, mal oben auf einer Skisprungschanze zu stehen.
Auf der Rückseite befindet sich noch eine schräg verglaste Aussichtskanzel für Menschen mit wenig Höhenangst oder viel Vertrauen in Glaswände:
Landschaftlich gefällt uns das Umland von Oslo sehr. Wir wählen wieder den gefahrlosen Weg des Aufzugs nach unten und begeben uns nach einer kurzen aber effektiven Shoppingtour im Souvenirladen in Richtung Auto. Immerhin haben wir hier jetzt gut 2 Stunden verplempert und die Ankunftszeit liegt inzwischen bei 16:45. Das klingt vernünftig und so folgen wir zunächst der langweiligen Autobahn aus Oslo heraus bis wir für die letzten 20 km wieder auf eine Nebenstraße abbiegen. Inzwischen hat es auch angefangen zu schneien. Die Straße ist weitgehend frei, was sich auf den letzten 10 Kilometern stellenweise noch ändern wird. Kennen wir ja schon. Der Norweger streut offenbar lieber mit Sand, als Split, dies erfüllt zwar auch seinen Zweck, allerdings sieht man nicht direkt, ob gestreut ist oder nicht. Zwischenzeitlich sind hier einige Stellen "oder nicht" gestreut und spiegelglatt. Tatsächlich vernehme ich heute an einer Stelle zum ersten und bisher einzigen Mal diesen Urlaub das Rumpeln meines ABS, als ich es nicht vermeiden kann, trotz Glätte vor einer Kurve noch etwas abzubremsen. Aber auch hier bringt uns das Allradfahrzeug unter meiner Führung gut und sicher ans Ziel, dem Tyrifjord Hotel in Vikersund.
Bei Ankunft kann man die schöne Lage am See noch gut erkennen, auch wenn der Schneefall stärker wird.
Eine Stunde später ist es dunkler und deutlich weißer. Es soll die ganze Nacht schneien. Ich freu mich!
Zum Abendessen fürchten wir schon, die einzigen Gäste im Hotel zu sein. Immerhin ist das sehr coronakonform hier.
Die Bedienung hat uns quasi schon für die kommenden sechs Abende adoptiert und uns gutes Bier empfohlen. Die Chemie stimmt.
Zu Essen gibt es Steak für den Gatten und für mich Burger. Erinnert irgendwie an den ersten Abend in Dänemark. Das Bier wird hier übrigens stilvoll im Weinglas gereicht.
Zwischenzeitlich haben wir doch noch Gesellschaft bekommen, eine Familie hat am Nachbartisch Platz genommen. Als wir zahlen und gehen wollen, eröffnet uns unsere Bedienung, dass eben diese Familie uns gerne noch auf ein Stück Geburtstagskuchen von der Feier am Vortag einladen möchte, es sei noch so viel übrig und sie würden es alleine nicht schaffen. Da sagen wir nicht nein, allerdings verkneife ich mir ein Foto von der hervorragenden (nicht zu süßen) Buttercremetorte mit Johannisbeeren. Diese stammt wohl aus der Konditorei der Hotels, die hervorragend zu sein scheint. Dabei wollten wir ausnahmsweise mal keinen Nachtisch, aber es geht einfach nicht ohne im Urlaub. Wir unterhalten uns noch ein Stündchen mit Vater und erwachsenem Sohn, die beide in der Ölindustrie arbeiten und ebenfalls privat und beruflich sehr viel reisen über Gott und die Welt. Daher kann der Blogbeitrag heute erst am späteren Abend fertiggestellt werden. 

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