Donnerstag, 21. Oktober 2021

Lac du Pimbina Trail - 14 km und kein Elch

Heute wollen wir im La Mauricie Nationalpark wandern. Nur Städtereisen können wir einfach nicht. Offiziell ist der Park zur Zeit geschlossen, da wir uns hier mal nicht nur in der Off-Season sondern quasi auch zwischen Sommer- und Wintersaison befinden. Heißt, die Straße durch den Park ist nicht befahrbar und es sind nur einige Wanderwege am Eingang "Rivière á la Pêche" zugänglich. Dafür kostet es auch keinen Eintritt. Frau hatte dies vorab schon recherchiert und mehrere Wanderwege zwischen 5 und 16 km in der Gegend ausgesucht. Je nach Laune und Wetter erfolgt dann die endgültige Auswahl vor Ort. Das Wetter ist gut, die Laune auch, also entscheiden wir uns für den laut Karte 13 km langen "Lac du Pimbina" Trail, dessen Höhenmeter-Angabe zwischen 440 m und 968 Höhenmetern laut Auskunftstafel im Park schwankt. Es handelt sich um den langen pinkfarbenen Weg unten im Bild, die vielen Seen lassen auf schöne Aussichten hoffen:
Die Gehzeit wird mit fünf Stunden angegeben, wir gehen davon aus, dass wir schneller unterwegs sein werden (meistens sind wir tatsächlich schneller, als die angegebene Gehzeit), je nach Aussicht und Fotomotiven lässt sich das aber noch beliebig ausdehnen. Aber zuerst brauchen wir ein Frühstück. Die Auskunft, dass man dieses im Bistro an der Unterkunft bekommen könne, erweist sich als falsch. Aber es gibt ja zum Glück noch meinen kanadischen Lieblingseishockeyspieler Tim Horton, der nach seiner Karriere die glorreiche Idee hatte, eine Schnellrestaurantkette mit Schwerpunkt "Kaffee" zu eröffnen. Endlich mal wieder ein ordentlicher Frühstücksbagel mit Kaffee in ordentlichem Gebinde.
Hintendrauf noch einen maple-glaced Donut und es kann losgehen.
Da ich ja weiterhin auf Tiersichtungen hoffe, schleppen wir neben 3 l Wasser noch etwa 5 kg Fotoausrüstung durch die Gegend. Da braucht es schon etwas Grundlage. Am Parplatz angekommen, stehen - trotz eingeschränktem Parkbetrieb - erstaunlich viele Autos dort und selbst ein Ranger ist vor Ort. Das hat den Vorteil, dass man sich auch nochmal nach dem Weg erkundigen kann, ob irgendwas dagegen spricht, ihn zu laufen, und vor allem, ob es in letzter Zeit Bärensichtungen gab, was man beim Wandern dann zumindest im Hinterkopf haben und sich entsprechend verhalten sollte. Er bestätigt unsere Vermutung, dass der Weg anspruchsvoll aber sehr schön ist, Bärensichtungen habe es in letzter Zeit keine gegeben und so lange man sich ausreichend bemerkbar macht, sollte man auch keine haben. Natürlich frage ich nach Elchsichtungen, worauf er stolz berichtet, dass er gestern Abend seinen ersten Elch in 5 Jahren an der (für Publikumsverkehr gesperrten) Straße im Park gesehen hat. In mir keimt leise Hoffnung auf, aber, um es vorweg zu nehmen, sie wird wie üblich enttäuscht. Immerhin versichert er uns, dass die Elche im Nationalpark nicht gejagt werden dürfen und uns traumatische Erlebnisse wie in Schweden letztes Jahr damit erspart bleiben sollten. Nachdem das also geklärt wäre, wandern wir los. 

Ich habe die Kamera in der Hoffnung auf Tiersichtungen mit dem Tele ausgerüstet, Landschaft läuft ja nicht weg, also kann man bei Bedarf jederzeit auf das Weitwinkelobjektiv wechseln. Vor die Aussicht hat aber irgendwer immer einen Anstieg gestellt, und so steigen wir erstmal knapp 400 Höhenmeter auf 2 km teilweise recht steil bergauf. Das Belohnungssystem "Aussicht gegen Anstrengung" funktioniert hier hervorragend, und so erreichen wir direkt im Anschluss an den Anstieg den ersten Aussichtspunkt.
Die Laubfärbung ist hier nicht sonderlich spektakulär, es gibt viele grüne Nadelbäume, viele Laubbäume haben schon alle Blätter abgeworfen. Die kahlen Bäume im Vordergrund sind noch dazu verbrannt, hier gab es wohl kontrollierte Waldbrände aus Naturschutzgründen, um nicht-einheimische Arten auszurotten, während die Samen der heimischen Arten die Feuer überstehen.
Wir folgen dem Weg über Steine und Wurzeln immer wieder mit kurzen aber steilen Anstiegen und Gefällen. Das ist schon ein anderes Wandern als mal eben 18 km über Asphalt durch die Stadt. Uns macht es durchaus Spaß, auch wenn es anstrengend ist.
Kurz darauf erreichen wir schon den nächsten Aussichtspunkt. Die meisten Landschaftsbilder sind dann doch mit dem Handy entstanden, weil ich keine Lust auf dauernde Objektivwechsel hatte (und es könnte ja jederzeit ein Getier vorbeikommen). Bei dem guten Licht kann man das mal machen, da ist die Handykamera durchaus konkurrenzfähig.
Anspruchsvolle Wegstrecken wechseln sich jetzt immer mit schönen Aussichten auf die unterhalb liegenden Seen ab.


Um auf ordentliche Höhenmeter zu kommen, steigt man auch immer mal wieder bis ans Seeufer ab.

Bei den Ausblicken und der Landschaft kann man das verschmerzen, zumal uns diese Art von Wandern wirklich Spaß macht. Tiersichtungen beschränken sich bisher auf diverse Hörnchen und laute Vogelrufe. Dafür ist der Weg sehr schön abwechslungsreich.

Immernoch keine direkte Wildsichtung, aber hier war ganz offensichtlich entweder ein sehr großer oder ein sehr ambitionierter Biber unterwegs. Leider will er sich uns nicht zeigen, obwohl wir gebührend von seiner Arbeit beeindruckt sind.
Einem erneuten Anstieg durch den Herbstwald folgt auch eine erneute Aussicht über den nächsten See. Hier muss natürlich jede gebührend genossen werden.
Nach dem nächsten Abstieg wird das Gelände sumpfiger und die Landschaft ändert sich auch wieder ein wenig. 
Vor dem nächsten Aufstieg hören wir ein Klopfen aus dem Gebüsch und wir entdecken einen Helmspecht, der sehr beschäftigt einen Baumstumpf bearbeitet. Dank fertig montiertem Teleobjektiv kann ich ihn diesmal auch gebührend fotografieren, hier eine kleine Helmspecht-Fotodokumentation:



Man beachte die Zunge auf dem nächsten Foto!

Wir lassen den hübschen Kerl weiter seine Arbeit machen und widmen uns dem nächsten Anstieg. Dabei gibt es immer mal wieder bizarr geformte kleine Naturwunder zu sehen.

Bei der nächsten Aussicht entscheiden wir uns für eine späte Mittagspause, wir haben inzwischen die halbe Strecke geschafft und sind auch schon über zwei Stunden unterwegs. An der Zeitangabe scheint doch etwas Wahres dran gewesen zu sein, zumindest, wenn man reichlich die Aussicht und die Natur genießt.
Es gibt Roastbeef-Brot mit Aussicht und erfreulicherweise mal ohne pappige Mayonaise.
Wir lassen uns  noch ein wenig die Sonne ins Gesicht scheinen und setzen dann unseren Weg fort. Hier genießt wohl noch jemand die warme Herbstsonne.
Der Wanderweg macht wirklich Spaß, immer wieder tauchen landschaftlich schöne Abschnitte, hier eine schicke Felswand am Wegrand, auf. Langweilig ist es wirklich nicht.
Die Wege entlang der kleinen und größeren Seen sind inzwischen etwas sumpfiger, was der Schönheit keinen Abbruch tut.

Bei ruhigem Wasser gibt es noch ganz wunderbare Spiegelungen gratis dazu.

Zwischenzeitlich wird der Weg auch wieder etwas felsiger und wir laufen an einem kleinen Bach entlang. Bäche hatten wir heute bisher noch nicht.


Die Steigungen auf diesem Teil des Weges sind moderater und wir bleiben eher auf Seehöhe.
Hier ist das Wasser wieder extrem ruhig und man kann wieder ganz tolle Spiegelungen fotografieren.

Danach entfernen wir uns leider von den Seen und haben noch gut 4 km Wegstrecke durch den Wald bis zum Parkplatz vor uns. Wir stellen uns auf zügiges Gehen ein, was zum einen durch weiterhin viele Steigungen (gefühlt führt dieser Weg deutlich häufiger bergauf als bergab) sowie die sich erneut zum schönen ändernde Landschaft gebremst wird. Plötzlich taucht neben uns wieder ein Bachlauf auf, der sich stellenweise in den glatten Fels gegraben hat.

Kurz bevor wir vom Bach Richtung Parkplatz abzweigen (natürlich wieder steil bergauf), werden wir noch mit kleinen Wasserfällen belohnt.
Der letzte Kilometer zum Parkplatz führt dann tatsächlich eben durch ein sehr grün bemostes Waldstück.
Am Ende zeigt Alltrails eine Höhendifferenz von 481 m (summiert man alle kleinen Steigungen als gesamtes auf, kommt man dann vermutlich auf die 968 Höhenmeter aus der Karte am Parkplatz).
Wir waren tatsächlich über 5 Stunden unterwegs, aber sowohl die Anstrengung als auch der Zeitaufwand haben sich mit jeder einzelnen Aussicht auf dem sehr abwechslungsreichen Weg gelohnt. Das Abendprogramm beschränkt sich auf, schwere Beine haben und im örtlichen Brauhaus von Grand Mère, dass heute geöffnet hat, ein Flanksteak und Fish und Chips (und natürlich ein Glas örtliches Kulturgut, frei von fruchtigen Aromen) zu konsumieren und dabei auf diversen Monitoren im Pub ein Eishockeyspiel des Nachwuchs Eishockeyteams von Shawinigan gegen Victoriaville zu verfolgen. Das Ende haben wir allerdings nicht mehr mitbekommen, da waren wir schon zum Füße Hochlegen im Appartement.

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