Montag, 6. November 2023

A Teaparty for Two: Exit to Iceland

Nach einem ausgesprochen künstlerisch wertvollen (man könnte auch "unausgeschlafen, grottenchlechten" schreiben) Foto der heutigen Boeing 767 300 mit der Kennung TF-ISO mit dem blumigen Namen Hlöðufell...
nehme ich mir an dieser Stelle noch kurz die Zeit, auf die mindestens so bewegte 23-jährige Vergangenheit wie die der Maschine auf dem Hinflug einzugehen: Einige Fluglinien, für die die Maschine laut Planespotters mal geflogen ist, kenne ich nicht einmal vom Namen her, wie Oxygene Afrique Airlines, die es inzwischen wohl schon gar nicht mehr gibt. Im Rahmen ihrer bewegten Vergangenheit hat uns die Maschine im Übrigen auch schon 2022 nach New York gebracht. Damals hat beim Boarding ein freundlicher Isländer noch versucht, uns die korrekte Aussprache des Namens "Hlöðufell" nahezubringen. Es hat uns heillos überfordert. 
Soweit, so gut, nach einer schnellen Einreise mit peinlicher Befragung beim Einreiseofficer "In welchem Hotel bleiben Sie?" Wir, leicht verwundert, wieso wir als EU-Bürger neuerdings bei der Einreise befragt werden "Im Grand Hotel Reykjavik". Der Grenzbeamte leicht amüsiert: "Ich frag ja nur aus Interesse, sie dürfen ja sowieso hier überall hin und so lange bleiben, wie sie wollen." Ich nutze die Gelegenheit  und frage, ob ich dann vielleicht auch nur so zum Spaß einen Einreisestempel von Island in den Pass bekommen kann. Leider bekommen den nur Nicht-EU Bürger, die auch wieder ausreisen müssen und dann auch wieder einen Ausreisestempel bekommen. Gemein.
Jetzt ist es aber Zeit für den
Im Duty Free Shop werden die heimischen Brennivin-Vorräte schonmal aufgestockt, weiterhin nehme ich eine Flasche dunggeräucherten Whisky zu Testzewcken mit. Das Gepäck ist schon auf dem Band, offenbar funktioniert auf dieser Reise das Priority-Gepäck auch mal. Vielleicht liegt es daran, dass die Priority Anhänger jetzt blau statt orange sind. Sieht auch viel hübscher aus.
Danach wird der Mietwagen zügig und etwa eine Stunde früher als geplant übernommen. Gebucht hatte ich einen Suzuki Jimny, den ich gerne mal testgefahren hätte, ob der auch mal für längere Island Touren taugt, leider wird es ein Dacia Duster. Naja, kann man für zwei Tage auch mal ausprobieren. Immerhin ist er schön blau und hat etwa 38.000 km auf dem Tacho. Ein Foto hab ich vergessen.
Jetzt ist es also halb sieben, wir sind vollkommen übernächtigt, und die Sonne geht in knapp zwei Stunden auf. Also fahren wir (wie üblich) zum einzigen Ort, an dem man sich mit wenig Licht frühmorgens fotografisch betätigen kann: Zu den Außenbecken der blauen Lagune. Ich sehe noch Verbesserungspotential bei meinen Langzeitbelichtungen von letztem Mal. Mal sehen, ob es mir gelingt.
 
Zum Einstieg ein bisschen glitzerndes Mondgestein im Schein einer Laterne am Wegrand.
Versuchen wir es mal mit einem Krater. Überzeugt mich noch nicht richtig.
Fels im Wasser mit Gestrüpp sieht schon besser aus. Dafür, dass die Sonne in mehr als einer Stunde erst aufgehen soll, dämmert es schon ziemlich am Horizont.

Die Mischung aus Frost und weißem Silikat an spiegelndem Nachtblau kann man sich zumindest blumig schönreden.
Dieses Foto, das auf den ersten Blick einfach nur verwackelt wirkt, ist auch verwackelt, hat aber unglaublichen dokumentarischen Wert: Während der Langzeitbelichtung gab es nämlich ein kleines Erdbeben an der blauen Lagune. Für mich als Geographin schon ein tolles Erlebnis, das nicht ganz überaschend ist, in den letzten Tagen gab es hier in der Umgebung täglich mehrere hundert Erdbebenschwärme. Auch dieses ist schon das zweite, das während unserer kleinen Fotosession unter uns rumpelt, und es wird auch nicht das letzte sein. Eines davon hatte laut Berichterstattung im Nachgang eine Stärke von 4,3 auf der Richterskala. Die Zahlen und Fakten sind eins, so etwas unter halbwegs ungefährlichen Bedingungen mal "live" zu erleben ist schon beeindruckend. Es ist nicht nur ein einfaches "Wackeln", sondern ein kräftiger Stoß, der sich doch irgendwie sehr unrealistisch anfühlt, insbesondere in Kombination mit dem tiefen Grollen aus dem Erdinneren, gefolgt von einem Klappern von allem, was nicht ganz fest in der Umgebung ist. Der Geowissenschaftler in mir frohlockt. Mittlerweile scheint sich die Lage etwas zuzuspitzen, man erwartet in den kommenden Tagen einen erneuten Vulkanausbruch in der Gegend um die blaue Lagune, was natürlich für den Tourimus und die Anwohner vom benachbarten Grindavik nicht ganz ungefährlich werden kann. Auch das Geothermie-Kraftwerk kann betroffen sein und die Halbinsel Reykjanes könnte dann ohne Strom dastehen. Für Grindavik gibt es Evakuierungspläne, die Isländer sind es gewohnt und wirken weiterhin entspannt, was man im späteren Verlauf von einigen unbedarften Touristen nicht behaupten kann.
Nachdem nichts mehr wackelt, setze ich meine Fotoexperimente fort. Dieses mit der Spiegelung gefällt mir schon ziemlich gut.
 
Blick zum Eingang zur blauen Lagune, idyllisch mit Spiegelung und Dunst.

Nochmal mit etwas anderer Perspektive und etwas mehr Silikat und Lava

Zum Abschluss meine beiden Lieblingsfotos mit Blick zum Svartsengi Geothermalkraftwerk und Baggerarbeiten mit Flutlicht rechts im Bild...
... und das ganze nochmal mit etwas mehr Gestein und Dunst.
Ich fand den frühmorgendlichen Ausflug fotografisch sehr lohnend, die Erfahrung mit den Erdbeben aus wissenschaftlicher Sicht unbezahlbar.
 
Apropos Erdbeben und unbezahlbar: Unbezahlbar war auch der fassungslose Gesichtsausdruck des Paares, den wir während eines der vielen Erdbeben im Eingangangsbereich der Blauen Lagune beobachten durften, als ihnen der Isländer an der Kasse vollkommen tiefenentspannnt erklärt, dass das gerade ein Erdbeben war, sie momentan hier ständig Erdbeben haben, und ein Vulkanausbruch in der Gegend unmittelbar bevorsteht. Man wirkt schockiert, offenbar war einem bis gerade weder bewusst, dass man sich auf einer vulkanisch aktiven Insel befindet, noch hat man bisher mal darüber nachgedacht, warum es in Island so viel schönes, warmes Wasser, das kostenlos aus dem Boden kommt, gibt.

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