Donnerstag, 9. Juli 2020

Auf der Flucht - Iceland is open! 04.07.2020: Glymur


Zum Abschluss unseres Kurztrips gönnen wir uns noch ein kleines Wanderabenteuer und unternehmen noch eine Wanderung zum Glymur. Hierzu folgt man der vor dem Tunnel nach Borganes von der 1 abzweigenden 47 in den Fjord. Diese fährt man bis zum Schild Glymur und folgt der Schotterstraße entlang des Flusses Botnsá bis zum Ende. Dort befindet sich ein Parkplatz.

(Karte erstellt mit https://www.google.de/maps)
 
Von Reykjavík ist die Anfahrtstrecke knapp 70 km lang (auf der Karte ist die Strecke hin und zurück zum Hotel markiert). Tatsächlich ist hier im Vergleich zu einigen Hot Spots erstaunlich viel los. Einige wandernde Touristengruppen gemischt mit Isländern auf Wochenendausflug machen die Wanderung nicht gerade einsam, aber es ist noch ok. Die Fotos von dieser Wanderung sind zum Teil mit dem Handy aufgenoommen, da es mir nicht an jeder Stelle des Weges bequem und sinnvoll erschien, die große Kamera aus dem Rucksack zu popeln.

Der erste Teil der Wanderung führt noch relativ flach durch die obligatorischen Lupinen, im weiteren Verlauf steigt der Weg leicht an und man hat einen ersten schönen Blick über den Fjord und die umliegenden Berge.

Am Ende des flachen Anstiegs führt der Weg durch eine kleine Höhle aus Vulkangestein.

Ab hier wird der Weg dann etwas anspruchsvoller, generell empfiehlt sich für diese Tour sowohl Trittsicherheit als auch gutes und festes Schuhwerk. Wanderstöcke für den Abstieg erscheinen mir im Nachhinein genauso sinnvoll wie Handschuhe für die Stellen, an denen man sich an Seilen festhalten muss. Auch ein Handtuch sowie ein zweites Paar Schuhe und Socken für die Flussquerung im späteren Verlauf schadet nicht. Kurz nach Durchqueren der Höhle trifft man auf die Botnsá, die man hier auch gleich etwas abenteuerlich überwinden darf. Von Frühjahr bis Herbst liegt hier (in Abhängigkeit von Wetter und Zustand des Flusses) ein befestigter Baumstamm, über den man mit Hilfe eines Seils zum Festhalten die Botnsá queren kann.

Danach ist es vorbei mit der gemütlichen, flachen Wanderung, der Weg steigt nun recht kontinuierlich steil mit einzelnen Kletterpartien über felsigen Untergrund an. Teile des Weges sind mit Seilen gesichert.
Für jeden geschafften Meter wird man mit immer grandioser werdenden Aussichten über den Fjord und den Fluss belohnt.
Entlang der Schlucht steigen wir weiter steil auf und bald kommt der Wasserfall in Sicht.
 Ab hier hangelt man sich quasi von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt.


Das Schöne beim Bergwandern: Man sieht direkt, was man schon geschafft hat.
 
Auch hier nisten in den Felsen Möwen.
Irgendwann  haben wir die Bruchkante erreicht und stehen nicht nur "Auge in Auge" mit dem Wasserfall,
sondern noch dazu mit drei Schafen, die entspannt in schwindelerregender Höhe zwischen den Wasserfällen entspannt grasen und ruhen. Jedem das Seine.
Nachdem wir die Aussicht eine Weile genossen haben, machen wir uns auf zum nächsten Abenteuer, die zweite Flussquerung steht an, da wir die Wanderung als Rundweg laufen wollen.
Am sinnvollsten ist eine Querung an der breitesten Stelle, dort ist der Fluss am flachsten. Trockenen Fußes lässt sich der Fluss allerdings auch hier nicht queren. Die Gruppe vor uns entscheidet sich für die Querung barfuß, manche haben auch Neoprenschuhe oder Badelatschen an. Uns erscheint die Querung mit Schuhen sicherer. Bei kaltem Gewässer und rutschigen, teils kantigen Felsen ist uns das Risiko, komplett nass oder mit verletzten Füßen absteigen zu müssen, zu hoch. Mit nassen Schuhen können wir leben. Wir gucken uns die flachsten Stellen aus, krempeln geistesgegenwärtig noch schnell die Hosen hoch und schaffen es tatsächlich, 2/3 des Flusses mit trockenen Schuhen zu queren. Das letzte Drittel ist allerdings auch an der flachsten Stelle bis zur Mitte der Waden tief und somit versuchen wir einfach durch schnelles Durchwaten mit großen Schritten die Wassermenge im Schuh zu minimieren. Da zwischenzeitlich die Sonne scheint und ein angenehm laues Lüftchen weht, entschließen wir uns zu einer kurzen Rast am Ufer, entledigen uns der nassen Schuhe und Socken und genießen die Aussicht auf die Landschaft, die schon einen gewissen Hochland-Charme versprüht.

Während zummindest unsere Socken in der Sonne etwas antrocknen, verwenden wir zur Trocknung der Füße unser in weiser Voraussicht mitgebrachtes Handtuch und genießen die vom Hinflug noch übriggebliebenen Karamellwaffeln. Nebenher beobachten wir noch andere Wandergruppen bei der Flußquerung und unterstützen mit wildem Gestikulieren beim Finden der flachsten Querungsroute.
Nun ist nicht alles so idyllisch, wie es auf den Bildern scheint, es gibt nämlich hier oben Unmengen Mücken, die zwar nicht stechen, aber auch keinen Respekt vor jeglichen Körperöffnungen am Kopf haben. Die Socken sind inzwischen gut angetrocknet und so verpacken wir uns wieder in unseren nassen Schuhen und wandern weiter. Nach ein paar Metern sind die Schuhe warm und von der Feuchtigkeit spürt man eigentlich nichts mehr.
Kurz nach der Flußquerung steht noch die Entscheidung über den Rückweg an. Beide Varianten sind gut markiert und ausgeschildert, wie im Übrigen die gesamte Wanderung.
Links folgt man dem steileren Abstieg zum Parkplatz, der an der Kante der Schlucht entlang führt. Wir entscheiden uns für den flacheren Abstieg rechts herum. Ganz trivial gestaltet sich dieser auch nicht, da der Abstieg fast die ganze Zeit durch Geröllfelder aus extrem rollendem Lavagestein führt. Machbar, aber hätten wir uns gemütlicher vorgestellt. Hier würden Wanderstöcke sicher nicht schaden. Die Aussicht ist weiterhin einfach schön.


Tatsächlich sind wir bergab stellenweise langsamer unterwegs als bergauf. Irgendwann wird der Weg wieder flacher und etwas bewachsener. Ab hier kann man einfach und zügig absteigen und auch wieder ein paar mehr Blicke in die Landschaft riskieren.

Beim Abstieg war es so warm und sonnig, dass wir unsere Hosen seit der Flussquerung sogar hochgekrempelt lassen konnten. Von den nassen Schuhen merken wir ebenfalls nichts mehr (auch wenn diese bis 2 Tage nach der Rückkehr brauchten, bis sie wirklich wieder trocken waren). Mit Hilfe der Alpenvereins-App konnten wir die Wanderung mitloggen. Parallel zum Fluß erkennt man die gestrichelten alternativen Abstiegsrouten.

Im Höhenprofil hat sich bei km 1 offenbar ein Datenfehler eingeschlichen, den Anstieg gab es so nicht.

Fazit der Tour: Ein bisschen Abenteuer für Trittsichere, die auch in den Alpen gern mal Wandertouren laufen. Wegstrecke etwa 7.5 km, knapp 300 Höhenmeter, wunderschöne Aussichten auf den Fjord und den zweithöchsten Wasserfall Islands. Der Weg ist überall sehr gut markiert. Zusätzlich noch zwei inhalierte Fliegen als Bonus.

Da das Wetter inzwischen recht sommerlich ist und unsere alten Knochen sich doch ein bisschen schwer anfühlen, entscheiden wir uns, den Nachmittag im sich in unmittelbarer Nähe unseres Hotels befindlichen Laugardalslaug zu verbringen. Das Bad hat zwar ein wenig heruntergekommenen Charme der 60er Jahre und wirkt stellenweise etwas marode, aber die Duschen und Umkleiden sind - wie überall bisher in isländischen Bädern - sehr sauber. Auch die Hot Pots sind zumindest teilweise sehr schön renoviert und so kann man den anstrengenden Wandertag gemütlich bei traumhaftem Wetter in warmem Wasser ausklingen lassen.

Am Abend lassen wir noch ein weiteres Highlight unseres ersten Island-Urlaubs wieder aufleben und besuchen das Restaurant "Matur og Drykkur". Heute möchte ich nämlich den aus der Fernsehsendung "Kitchen impossible" bekannten Kabeljaukopf essen. Letztes Mal hat mein Mann diesen verköstigt und war sehr angetan. Ich hatte damals nach 2 Wochen genug von Fisch und ein ebenfalls sehr gutes Lammgericht bevorzugt. Heute ist die Konstellation umgekehrt, und nach sehr leckeren Vorspeisen bestehend aus gebackener Fischhaut, Ziegenkäse mit Ziegenwurst, Fischkroketten sowie Fisch- und Muschelsuppe mit Apfel und hausgemachten Rosinen ist es endlich so weit, und ich komme in den Genuss meines Kabeljaukopfes.
Sieht gruselig aus, hat aber erstaunlich viel (ich war danach pappsatt) leckeres Kabeljaufleisch unter einer fruchtig-süsslichen geflämmten Marinade. Kein Gericht, dass man nur essen muss, weil es irgendwie "anders" ist, sondern wirklich lecker. Ursprünglich war der Kabeljaukopf ein "Arme-Leute-Essen"; wenn man sieht, wie viel Fleisch daran ist, vermutlich sogar eines der besseren. Zum Nachtisch gibt es noch warmen Rhabarber-Crumble mit arktischem Thymian und braunem Butter Eis. Außerdem ein Andenken an den verzehrten Kabeljau.
Wir rollen zurück ins Hotel und gönnen uns noch einen Abschiedscocktail in der Bar. Die Nacht wird kurz, um 4 Uhr klingelt der Wecker.

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