Donnerstag, 31. Oktober 2024

Ein "Fall" für 2 - Der Verdächtige konnte entkommen.

Erfreulicherweise scheint man in Kanada auch beim Standard-Kettenhotelfrühstück auf Porzellangeschirr statt Plastik umgestellt zu haben. Sehr erfreulich, wie wir finden. Ansonsten ist das Frühstück hier eben "Standard", immerhin gibt es Waffeln.
Was macht man am besten gleich nach dem Frühstück? Man fährt erstmal zu Tim Hortons und besorgt eine Box Timbits und ein bisschen Verpflegung für nach der Wanderung.
Danach geht es für schlappe 21 Dollar Day-Use-Gebühr in den Algonquin Provincial Park, das MSI will hier weitere Ermittlungen durchführen. Beim üblichen Stopp im Infocenter am westlichen Parkeingang informieren wir uns über den Centennial Ridges Trail. Dieser ist begehbar und es besteht die Chance auf Elchsichtungen. 

Am Trailhead angekommen, nutzt frau erstmal die Ladefläche des RAMs zum komfortablen Schuhewechseln.
Danach kann es losgehen, wir sind gespannt. Die Route wird bei all unseren Quellen als "herausfordernd" beschrieben, bei Alltrails ist sie mit 12 km und 4 h Gehzeit angegeben, auf der Infotafel am Trailhead mit 10 km und 6 h Gehzeit angegeben. Wir sind gespannt, wie herausfordernd das Ganze letztendlich wird, zumal wir unser Essen im Auto lassen, um keine Bären anzulocken. Schließlich sind wir die MSI und nicht die BSI.
Der Weg führt fürt gleich mal ordentlich bergauf, zur Belohnung gibt es dann aber auch zeitnah schöne Aussichten. Das Wetter ist mit 20 °C erstaunlich schweißtreibend, aber immerhin auch sonnig und trocken.

Der Weg hier oben macht Spaß und führt häufig über - zum Glück sehr griffige - Felsen.

Der Wind pfeift ziemlich kräftig an der Kante, aber die Aussicht entschädigt.
Zwischendurch geht es mal ein Stück bergab, vorbei an einem der vielen schönen, großen und kleinen Seen.
Es herrscht hier rege Biber-Bautätigkeit, so ein Damm ist schon irgendwie beeindruckend. Der Gatte hofft, dass er auch stabil ist und nicht gerade bricht, während wir vorbeilaufen.
Auch wenn es hier kein buntes Laub mehr an den Bäumen gibt, liegt schonmal ein schönes Blatt am Boden.
Wildlife sehen wir auch, obwohl dieser kleine Verdächtige versucht, nicht aufzufallen.
Auch im Wald ist es hier sehr schön felsig.

Immer wieder geht es bergauf mit großen Felsen, einfachen Kletterpassagen und ganz viel windiger Aussicht.



Ich fotografiere hier viel mit dem Handy, die Kamera ist mit dem Teleobjektiv ausgestattet, nur für den Fall, dass wir einen Elch auf frischer Tat ertappen. Zuerst "ertappt" der Gatte mich allerdings beim fröhlich auf einem Felsen Rumstehen und meinen Hut im Wind Festhalten.
Der Weg ist leider nicht immer so vergnüglich, dank des gestrigen Regens sind einige Passagen komplett überflutet, und man muss über Baumstämme und Steine klettern und springen, um trockenen Fußes weiterzukommen. Wenigstens ist der Weg extrem gut durch blaue Punkte an gut sichtbaren Stellen alle paar Bäume weit markiert, so dass es selbst uns nicht gelingt, irgendwo Abzweige zu verpassen.
Danach wird man dann auch wieder mit Aussicht belohnt.
Und mit tollen Felsformationen.
Nach diversen wilden Kletterpassagen legen wir wieder einen kurzen Fotostop an einem idyllischen See ein. Hier wechsele ich mal wieder auf das Weitwinkel-Objektiv, um die schöne Landschaft gebührend mit der Kamera und nicht nur mit dem Handy zu würdigen. Das Tele ruht derweil im Fotorucksack, den der Gatte immer trägt, damit ich schneller an die Kamera im Seitenfach komme (ich trage derweil dann zum Ausgleich immer Getränke, Klamotten und gegebenenfalls Proviant im Rucksack). Diese Info ist zum weiteren Verständnis der nun folgenden Handlung nicht ganz unerheblich.
Hinten rechts im Bild kann man das Zuhause des Verantwortlichen für diesen See erkennen, einen prächtigen Biber-Bau.
Hier eine später mit dem Tele gemachte Nahaufnahme des gleich noch für die weitere Krimi-Handlung wichtigen Bauwerks.
Während der Gatte die Wassertemperatur des Sees durch Eintauchen einer Hand überprüft und für kalt befindet, schaue ich so vor mich hin auf den See und in Richtung des Biber-Baus und sinniere darüber, dass es ja jetzt schon ziemlich cool wäre, wenn hier jetzt auch noch ein Biber vorbeischwimmen würde. Während ich so schaue und sinniere, sehe ich eine Bewegung und etwas sehr großes, braunes ein Stück links von dem Biberbau durch den Wald schleichen. Na, wenn das mal nicht einer unserer Verächtigen ist. Ich raune dem Gatten ein "Elch, setz den Rucksack ab" (man erinnere sich an das darin befindliche Teleobjektiv) zu und ernte einen vollkommen verständnisosen Blick. Ich wiederhole den Satz etwas vehementer "Setz. Den. Rucksack. Ab. Elch!!!!" Der Gate reagiert jetzt immerhin damit, den Rucksack abzusetzen und währenddessen suchend bis irritiert den Wald gegenüber anzustarren während ich in rasender Geschwindigkeit den Rucksack aufreiße, das Objektiv wechsele, versuche, den Elch im Auge zu behalten und dem Gatten gleichzeitig zu erklären, wo der Elch zu sehen ist. Schon ein stressiger Job bei der MSI. Natürlich kommt es, wie ich es schon seit Jahren befürchtet habe, ich schaffe es zwar, das Objektiv rechtzeitig zu wechseln, bis der Verdächtige an die einzige Stelle mit freier Sicht tritt, allerdings ist die Sperre am Teleobjektiv, mit der man den Zoom blockieren kann - wie so oft - beim Transport im Rucksack eingerastet, und ich schaffe es erst, diese zu lösen, als unser Verächtiger schon fast wieder im Unterholz verschwunden ist. Immerhin gelingt mir noch ein Teil-Fahnungsfoto, bevor der Verdächtige uns ebenfalls wahrnimmt und in leichtem Trab den Hügel hinauf und damit aus unserem Sichtfeld verschwindet.
Ob man dies jetzt als Erfolg oder Misserfolg der MSI bewerten sollte, sei an dieser Stelle dem geneigten Leser überlassen. Ich hatte jetzt immerhin mal meine Elchsichtung in freier Wildbahn und freue mich auch ohne brauchbares Foto über dieses tolle Erlebnis.
Wahlweise beseelt vom tollen Erlebnis oder enttäuscht über das Versagen der MSI wandern wir weiter, das Teleobjektiv bleibt jetzt sicherheitshalber auf der Kamera, um weitere Wildsichtungen vermutlich wieder komplett auszuschließen.
So ein Biberdamm ist aber auch ohne zugehörigen Biber einfach faszinierend, vor allem, wenn man direkt darunter steht.
Der Biber scheint sich unlängst entschieden zu haben, auch den Boardwalk unterhalb mit in sein Bauwerk einzubeziehen.
Auch der nächste See ist verdammt verbiberdammt. Wortspiele kann ich.
Selbst ohne Elchsichtung wäre es hier schon eine landschaftlich tolle Wanderung gewesen.
Weiter gehts, mal wieder mit Klettereinlagen über kleine Bäche.
Danach gleich wieder steil bergauf über Felsen zur nächsten Aussicht.


So langsam ist die Kletterei doch ein wenig ermüdend, zumal der Untergrund - da wo er nicht felsig ist - oft sehr matschig und rutschig ist. Wir sind inzwischen seit gut 3,5 Stunden unterwegs, und bei mir hat zwischenzeitlich ein ziemliches Hungergefühl eingesetzt. Trotzdem muss man ja die Aussicht würdigen, schnell kommt man beim Klettern ja sowieso nicht voran.

An den tollen Pilzen am Baum kann ich natürlich nicht vorbeigehen. Einen meiner Leser wird das Foto sicher auch besonders erfreuen.
Noch am letzten See entlang, während ich anfange, mich innerlich selbst zu verdauen. Den nächsten Elch würde ich wohl gerade essen, statt fotografieren.
Mit letzter Kraft (nachdem der Gatte mich gerade noch so davon abhalten konnte, eine picknickende Familie am letzten Aussichtspunkt zu überfallen und ihnen ihr Essen zu entreißen) erreichen wir den RAM und meinen dort bärensicher gelagerten Bagel B.E.L.T. (kurz: ein Eierbrötchen mit Speck, Salat und Tomate) und machen das, was wir letztes Jahr in British Columbia aufgrund von brennender Sonne nicht machen konnten:

Mittagspause auf der Ladefläche in der Sonne. Der Herbst hat Vorteile, man verbrennt sich jetzt nicht mehr den Hintern beim Versuch, sich auf die Ladefläche zu setzen. Der Bagel hat die vier Stunden Wartezeit im Auto erstaunlich gut überstanden und auch der Gatte ist zufrieden mit seinem Muffin, auch wenn er ein wenig von der Füllung überrascht wurde. Nachdem wir uns und unsere nach der wirklich anspruchsvollen Wanderung (ja, sie war wirklich anstrengend, obwohl wir vor sechs Wochen noch durch die Dolomiten geklettert sind) schweren Beine ein wenig erholt und vor allem die Mägen wieder gefüllt haben, entschließen wir uns, noch den 2 km langen, rollstuhlgeeigneten (also muss er ja relativ eben sein) "Spruce Bog Trail" zu laufen. Vielleicht haben wir Glück und der Verdächtige zeigt sich doch noch einmal, auch wenn das Licht inzwischen ziemlich schlecht ist. Wenn nicht, ist es einfach nochmal schön sumpfig hier.

Dazwischen geht es durch Nadelwald, es riecht hier wie Sauna-Aufguss.
Hier könnte auch Ihr Elch stehen. Unserer steht jedenfalls ganz offensichtlich nicht da, war aber absehbar, das Teleobjektiv ist ja noch auf der Kamera. Noch dazu trage ich sie hier auf der kurzen Runde griffbereit am Kameragurt direkt an der Frau.
Ein bisschen Wildlife gibt es trotzdem noch: Als wir am Parkplatz ankommen, hat gerade jemand ein paar Hörnchen zum Fotografieren angefüttert. Finde ich grundsätzlich nicht gut, Wildlife für Fotos anzufüttern, aber derjenige ist jetzt fertig mit seinen Fotos und inzwischen weggefahren, die Hörnchen sind noch da, also nehme ich eben auch ein paar niedliche Hörnchen-Fotos mit.

Die kleinen Streifenhörnchen sind ziemlich fix unterwegs, aber ein paar Schnappschüsse gelingen auch da.


Müde verlassen wir den Park ohne weitere Elchsichtung. Als Lohn für unsere heutigen Mühen gibt es Abendessen. Wir gehen wieder ins Brauhaus. Nette Bedienung, gutes Bier, gutes Essen mit genügend Auswahl. Viel spannendes, was man noch unbedingt probieren müsste, gibt es hier im Ort nun auch nicht, also kein Grund für weitere Experimente. Manchmal sind wir geradezu einfach zufriedenzustellen.
Heute gibt es mal ein würdiges Bierfoto, dafür vergesse ich, den Pulled Pork Sandwich des Gatten abzulichten.
Als Vorspeise erstmal einen sensationell knusprigen und leckeren Berg Zwiebelringe in Bierteig mit hausgemachter Maple Aioli.
Meine Taccos mit Regenbogenforelle haben mich wohl so fasziniert, dass ich den Sandwich des Gatten völlig ignoriert habe. Lecker war beides.
Da wir hier mit dem Auto unterwegs sind und daher nicht exzessiv Bier testen können, nehmen wir uns noch zwei Döschen zum Probieren auf der Couch mit. Heute gibt es noch ein West Coast Style Pale Ale, mit leichten 2,5% trinken wir uns hiermit auch nicht mehr unter den Tisch. Der Geruch ist vielversprechend, leider ist das ganze geschmacklich ziemlich dünn und schmeckt wie mit Sprudel verdünntes IPA. Schade, ein gutes leichtes wäre ja auch mal eine feine Sache gewesen. Für Bettschwere hat der restliche Tage zum Glück schon vorher gesorgt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank fürs Lesen und Deinen Kommentar!