Seit wir 2017 im Februar an den Niagarafällen geschwitzt haben und danach in Island eingeschneit sind, bereue ich, dass dieser Reisebericht nicht den Titel "Bad Ideas (make the best Memories)" nach gleichnamigem Songtitel von "Alle Farben" trug.
Seitdem warte ich auf eine Reise, die diesem Berichtstitel würdig ist. Meistens berichte ich ja live und starte bereits vorab und meist weiß ich zu dieem Zeitpunkt noch nicht, ob die Reise eine schlechte Idee ist oder ob sie (dennoch) gute Erinnerungen machen wird.
Bis heute.
Heute habe ich meinen seit einigen Jahren traditionellen, individualisierten Reiseführer (Playbook, Reisebibel oder wie auch immer man es nennen mag) für unsere diesjährige Rundreise, die uns dieses Jahr in den ganz hohen Norden führt, fertiggestellt und noch nie bin ich bei einer Reiseplanung so oft verzweifelt, wie bei dieser.
Noch nie habe ich so oft gedacht, dass diese Reiseplanung eine "Bad Idea" ist.
Nicht weil die ganze Idee wirklich schlecht war, eher im Gegenteil, weil die ganze Gegend eigentlich nur aus meiner Sicht unglaublich tolle Landschaft zu bieten hat und ich mich bei der Planung kaum entscheiden konnte. Dazu kamen in dieser unglaublich tollen Landschaft begründete unglaublich lange Fahrzeiten für unglaublich kurze Strecken und absurde Mietwagenpreise in Tromsø, die mich gleich zu Planungsbeginn an meiner Idee zweifeln lassen. Aber bekanntlich wächst man ja an seinen Herausforderungen, und so kommt es, dass es nach mehreren Monaten zeitaufwändiger und nervenaufreibender Planung doch zu dieser in etwa zwei Wochen startenden Reise kommen wird:
Wie man unschwer auf der Karte erkennen kann, werden wir unsere Tour nicht wie ursprünglich geplant in Tromsø starten. Die hier aufgerufenen Mietwagenpreise lagen bei 3000 € und mehr. Zum Glück haben wir uns nach diversen Erfahrungen mit hohen Mietwagenpreisen zuerst einen Überblick hierüber verschafft, bevor wir uns für die Flugbuchung entschieden haben.
Kurz haben wir über die Anmietug einen Wohnmobils ab Tromsø nachgedacht, eine Preisrecherche beim ADAC ergab Kosten von 4000 €, dafür würde man ja die Hotelkosten sparen. Da wir aber eigentlich schon auch gern mal im Urlaub essen gehen und auch schonmal etwas abenteuerliche Straßen fahren wollen, erschien uns diese Tour nicht unbedingt für einen Test unserer Camping-Reisefähigkeiten geeignet, unsere Begeisterung für diese Lösung hielt sich auch ansonsten sehr stark in Grenzen.
Somit musste also schon sehr früh im Planungsverlauf, quasi noch vor Planungsbeginn, ein Plan B her. (Das ist glaube ich zumindest ein neuer Rekord, ansonsten ergeben sich die Alternativpläne eher im weiteren Planungsverlauf.) Dieser war zum Glück sehr schnell gefunden, schließlich waren wir 2023 im Winter in Luleå und Umgebung in Schwedisch-Lappland unterwegs und haben zum einen sowieo überlegt, die Gegend auch im Spätsommer einmal zu besuchen. Zum anderen haben wir damals einen Ausflug zum Storforsen gemacht, und uns erschien auch die weiterführende Strecke Richtung Norwegen landschaftlich interessant. Damit war die Idee geboren, die Reise (sollten uns die Mietwagenpreise in Luleå gnädig gestimmt sein) die Reise eben dort beginnen und enden zu lassen. Hat auch den Charme, dass ich endlich mal in dem Ort mit dem wundervollen Namen "Jokkmokk" vorbeikommen werde, der mich beim Lesen auf Verkehrsschildern schon immer aufgrund seiner wunderbaren Lautfolge in Verzückung versetzt hat. Vermutlich handelt es sich ansonsten um kein Highlight, aber was soll's, er liegt sowieso auf der Strecke und vom Nachbarn von Gegenüber haben wir noch dazu die Aufgabe mitbekommen, zu schauen, ob der Aufkleber von unserem Wohnort noch auf dem Polarkreisschild in Jokkmokk klebt, den er vor zwei oder drei Jahren dort hinterlassen hat. Wir sind gespannt.
Die Konsultation der Mietwagenpreise in Luleå ergab, dass wir selbst mit Gebühren für die Fahrt ins benachbarte Ausland etwa halb so viel zahlen, wie in Tromsø. Die Flüge nach Luleå sind zwar geringfügig teurer als nach Tromsø, aber selbst damit sind wir insgesamt noch gut 1000 € unter dem ursprünglichen Mietwagenpreis.
Non-Stop Flüge hätte es auch nach Tromsø nur auf dem Hinflug gegeben, Ende August endet die Saison der Non-Stop Flüge ab Deutschland ohnehin, und so hätten wir auf dem Rückflug sowieso mit einem Stop fliege müssen. Können wir das auch gleich bei beiden Flügen machen, und damit wurden Flüge ab Frankfurt via Stockholm nach Luleå gebucht.
An dieser Stelle dachte Frau jetzt erstmal, das Gröbste sei geschafft und beginnt mit der Detailplanung, die die Konsultation von Reise- und Wanderführern, Reiseblogs, Google Maps und sogar einer im Reiseführer integrierten Papierkarte beinhaltet und mich dieses Mal wirklich an meine Grenzen bringt.
Es ist einfach alles irgendwie landschaftlich toll, angefangen beim Abisko-Nationalpark mit der Björkliden Schlucht über die Lofoten selbst, Senja und die Lyngen Alpen findet sich eine nahezu unerschöpfliche Kombination aus landschaftlichen Highlights, Wanderungen mit erstaunlich vielen Höhenmetern auf nur 2 - 3 km Strecke und absurd lange Fahrzeiten.
Da wir ohnehin wieder irgenwie zurück nach Luleå müssen, bietet sich noch die Gelegenheit, dem Gatten seinen bereits 2019 im Winter in Finnisch-Lappland geäußerten Wunsch nach einem Besuch des Nordkaps zu erfüllen. Damals fand ich knapp 300 km einfache Fahrt bei winterlichen Straßenverhältnissen alleine bis ans Nordmeer (was dem Gatten damals auch schon gereicht hätte) mit wenig Tageslicht dann doch etwas sportlich und habe ihm den Wunsch abgeschlagen. Jetzt sind es nur etwa 500 km "Umweg", also nehmen wir das Nordkap auch noch mit. Auf dem Rückweg nach Luleå nehmen wir dann noch ein bisschen Finnland mit und schauen uns unter anderem den 2019 im Winter bereits besuchten Inari-See auch nochmal im Spätsommer an.
Die Routendetailplanung ergibt am Ende etwas mehr als 4100 km Fahrstrecke in drei Wochen. Bis auf einige wenige Ausnahmen werden wir auch fast jeden Tag die Unterkunft wechseln, da es in den meisten Fällen einfach keinen Sinn macht, bei den langen Fahrzeiten nach Ausflügen wieder zurück zur Unterkunft zu fahren. Meist fahren wir daher kilometermäßig kurze Strecken zwischen zwei Unterkünften mit vielen Stops und einigen Wanderungen. Klingt schlimmer als es ist, wären da nicht auch noch die ganzen kleinen Fährstrecken, die sich plötzlich bei der Detailplanung auf den Routen materialisieren. Ich zweifle mehrfach an meiner "Bad Idea", zumal es sich um "First come, First Serve" Fähren handelt, die zur Hochsaison auch schonmal mehrstündige Wartezeiten im Angebot haben, aber "No Risk, no Fun", schließlich ist die Hochsaison der Mittsommerzeit Ende August schon eine Weile vorbei und der September soll Nebensaison in der Gegend sein.
Also lassen wir es drauf ankommen.
Zumeist gäbe es auch 2-3 Stunden längere Landwege als Alternative, die man bei mehrstündigen Wartezeiten mit ungewissem Ausgang an der Fähre sicherlich in Betracht ziehen kann.
Irgendwann geht auch die nervenaufreibendste Detailplanung zuende, und so können wir uns jetzt ganz entspannnt der Erwartung des druckfrischen Reiseführers und der Vorfreude widmen. Für letztere bleibt allerdings zummindest für mich erstmal noch nicht ganz so viel Zeit, da ich mich mitten in der Vorbereitung zur Deutschen Meisterschaft des Bogensportverbandes befinde, die dafür verantwortlich ist, dass unsere Abreise in den hohen Norden dieses Jahr erst an einem Dienstag statt wie gewohnt am Wochenende statttfindet. Booking erinnert mich daher auch bis jetzt nur freudestrahlend an "meine Reise nach Oberhausen" statt an Skandinavien, was mich immer wieder leicht irritiert, weil ich dies nicht als "Reise" ansehe, nur weil ich zwei Tage schieße und mir eine Hotelübernachtung gegönnt habe. Spätetens danach bin ich dann vermutlich auch endgültig urlaubsreif und konditionell bereit für lange Fahrten mit knackigen Wanderungen. Wer mich kennt, weiß, dass dieses Intro in der Regel auch der textlastigste Bericht meiner Reise sein wird, und man darf sich im Folgenden auf die übliche opulente Bebilderung freuen. Motive wird es wahrlich mehr als genug geben.
Ich freue mich wie immer über virtuell Mitreisende, in gut 2 Wochen geht es los.
Traudel und der Reiseelch sind natürlich bei Sport, Spiel, Spaß und Reisen auch wieder mit von der Partie und begleiten mich in meiner reisefreien Zeit auch gerne mal zu Turnieren.