Sonntag, 30. August 2020

Schwedische Elche hab ich mir anders vorgestellt - ein Ausflug ins nördliche Öland

Nachdem wir gestern schon recht früh im Bett waren, sind wir dementsprechend früh wach. Die hauseigene COVID-Risk-Assessment Abteilung sieht darin einen entscheidenden Vorteil beim Frühstück, da das Hotel aufgrund von Wochenende ausgebucht ist. Am Buffet ist es teilweise etwas ungemütlich, weil viele Menschen Abstand halten beim Anblick von Essen völlig zu vergessen scheinen. Wir wurschteln uns so durch, wo gerade Platz ist und nehmen ein schnelles Frühstück am offenen Fenster ein, bevor es richtig voll im Raum wird. Jetzt sind wir so früh fertig und draußen hängt eine graue Suppe, bei der ich mir nicht sicher bin, ob es sich um Nebel oder tiefhhängende Wolken handelt. Wir verbummeln noch ein halbes Stündchen, bis sich die graue Suppe gegen halb neun zu lichten beginnt. Wir fahren heute Richtung Norden und legen unseren ersten Stop an den kleinen Kreideklippen "Byrums Raukar" ein. Es handelt sich hier um Kalkgestein, das aus vor 490 Millionen Jahren entstandenen Meeresablagerungen zusammengepresst und dann vom heutigen Meer zu kleinen Klippen abgetragen wurde. Im Bild sieht das ganze wie folgt aus:





Wie man auf den Fotos unschwer erkennen kann, hat sich das Wetter inzwischen doch drastisch gebessert. Die Sonne steht zwar zum Fotografieren nicht optimal, dafür wird mir unter meinem Schal im laufe unseres Spaziergangs ziemlich warm. Die umgebende Landschaft mit Kiefern und kleinen Laubbäumen gibt ein wunderbares Fotomotiv in Kombination mit blauem Meer und blauem Himmel.

Am Ende der Klippen geht die etwas wildere Landschaft in Dünen und einen traumhaften Sandstrand über.
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Die größte fotografische Herausforderung ist hier, das Foto genau dann zu machen, wenn der einzige, aber dafür nackte Badegast gerade außer Sicht ist. Zurück am Auto entledige ich mich endlich meines Schals und wir fahren zu unserem nächsten Ziel, dem "Langen Erik".

Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich beim langen Erik um einen Leuchtturm. Er steht am Nordende von Öland, am westlichen Zipfel der Insel, der durch eine Bucht vom Naturschutzgebiet am östlichen Zipfel getrennt ist. Dort fahren wir danach auch noch hin. Vom Parkplatz erreicht man den Leuchtturm über eine Brücke, auf deren linken Seite das Meer etwas rauher ist.



Auf der rechten Seite ist das Wasser deutlich ruhiger und viele Vögel scheinen sich dort wohl zu fühlen.
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Wir passieren die Brücke und umrunden die kleine Insel und den Leuchtturm. 




Früher lebten hier 2 - 3 Leuchtturmwärter mit Ihren Familien und ein Lehrer. Diverese Gebäude verteilen sich über die Insel und an einer Seite befinden sich ein paar Bootsstege und einige Boote.

Auf dem Rückweg beobachten wir bei der Brücke noch einen tauchenden Vogel.

Wir umrunden die Bucht mit dem Auto und befinden uns nun im Naturpark Trollskogen. Natürlich soll es hier, wie so oft in Skandinavien, auch Trolle geben. Begegnet sind wir wie üblich keinen, genau wie bisher den angeblich überall in Schweden in rauhen Mengen vorkommenden Elchen. Der Naturpark ist trotzdem sehr schön und wir entschließen uns, noch einen ca 4 km langen Rundweg zu wandern. Wir folgen dem Weg durch einen Wald aus verdreht wachsenden Kiefern und uralten Eichen bis zum Meer.




Der Weg führt ein Stück am Strand entlang und irgendwann treffen wir auf ein Schiffswrack, des Dreimastrs Swik, der 1926 in einer Winternacht auf dem Rückweg von Deutschland nach Schweden wegen eines Schneesturms mit Nordostwind auf einer Sandbank vor der Küste auf Grund lief. Die 6 Besatzungsmitglieder konnten sich glücklicherweise mit den Beibooten retten.


Wir folgen dem Weg durch ein weiteres Waldstück und kommen zu einer Wiese am Meer, von der man einen wunderbaren Blick auf die andere Landzunge und den langen Erik hat.


Außerdem weiden hier Kühe, zum Glück hat uns die Infotafel am Eingang versichert, dass diese freundlich seien. Es ist ohnehin ausreichend Wasser zwischen uns und dem Hornnvieh.

In unmittelbarer Nähe begegnet uns nur kleineres Getier in Form von Unmengen Libellen, die sich sehr kooperativ verhalten und fotografieren lassen.

Langsam spüren wir unsere Beine, es war ja schon der dritte Spaziergang heute. Auch eine leichte Müdigkeit macht sich breit und so beschließen wir, den etwa einstündigen Rückweg anzutreten. Unterwegs soll noch ein schöner Strand bei Böda Sand sein. Wir landen zunächst in einer riesigen Ferienanlage mit Unmengen Häusern, Campingplätzen, Spielplätzen, Restaurants, Kinder- und Jugend-Aufbewahrungsanstalten, Spaßbad etc. Erstaunlicherweise hat hier alles bis auf ein Restaurant und der Campingplatz geschlossen, wir wissen allerdings nicht, ob es an der Corona-Epedemie oder dem Ende der Sommerferien liegt. Der Strand ist wirklich sehr schön,

Allerdings ist sowohl bei uns als auch beim Wetter irgendwie die Luft raus. Wir genehmigen uns noch ein Eis und setzen die Heimfahrt fort. Während wir gemütlich und spritsparend über die schwedische Landstraße schaukeln, sinnieren wir, um uns von einer leichten aufkommenden Müdigkeit abzulenken, mal wieder darüber, dass wir nun schon zwei Tage hier unterwegs waren und immer noch keinen Elch gesehen haben, obwohl es laut den Warnschildern hier nur so davon wimmelt. Meine geistigen Ergüsse werden jäh von einem Aufschrei meines Mannes unterbrochen "DA, EIN KAMEL!". Oha, denke ich, offenbar sind ihm jetzt beim Anblick eines Elchs ein paar linguistische Synapsen durchgebrannt und er leidet unter einer Wortfindungsstörung. In meine Gedankengänge brüllt es neben mir "VIELE KAMELE!". Ich schaue mich um und in der Tat, Elche habe ich mir anders vorgestellt, diese Tiere sehen eindeutig aus wie Kamele.


In unmittelbarer Nähe ist eine Haltebucht und wir nähern uns dem Tier zu einer Überprüfung. Es sieht tatsächlich mehr nach einem Kamel als nach einem Elch aus. Immerhin sind wir nicht die einzigen verstörten Menschen, die währenddessen anhalten, um ein Foto zu machen. Gottseidank waren offenbar auch keine Drogen im Eis. Eine kurze Recherche ergibt, dass es hier tatsächlich eine Kamelfarm gibt. Immerhin sind wir jetzt wieder etwas wacher und kommen gut und hungrig im Hotel an. Der restliche Abend verläuft wie so oft in unseren Urlauben: Nachdem das hauseigene Risk-Assessment sich wieder für den bereits morgens für gut befundenen Fensterplatz zum Abendessen entschieden hat, oraklen wir uns mit Hilfe des Kellners durch die nur in schwedischer Sprache vorhandene Speisekarte, Kamel scheint immerhin nicht darin vorzukommen. Unser abendlicher "Kulturguttest der Kategorie Bier" ergibt: das schwedische Mellruds-Pilsener kann man gut trinken und es schmeckt auch wirklich nur nach Bier. Von dem IPA mit diversen Fruchtaromen lasse ich nach einigen traumatisch-blumigen Erfahrungen dieses Mal lieber gleich die Finger. Zu Essen gibt es ein Dreigängemenü, Kaviar vom nicht näher definierten schwedischen Fisch mit Tortilla sowie das Peppersmoked Roastbeef fallen der Gier noch vor einem Foto zum Opfer. Der Hauptgang, Zander in einer Muschel-Rotwein-Soße mit Kartoffelpüree und das Rindersteak mit Kartoffelgratin schafen es dann zumindest auf ein Foto.

Das Brownie mit braunem Butter-Eis (scheint der Renner in Skandinavien zur Zeit zu sein, gab es nämlich auch schon im Juli in Island) sowie die Vanilletarte mit Beeren und Crumble verschwinden allerdings wieder auf wundersame Weise ohne Foto. Lecker war's.
Zurück im Zimmer, muss ich mir noch kurz aufgrund der spektakulären Wolkenformation vorm Fenster ins Gedächtnis rufen, dass wir wirklich nicht in Island sind und draußen eher kein Vulkan ausbricht.

Das ist dann der Moment, an dem frau den Abend beenden sollte.

Gefahren sind wir etwa 170 km, gelaufen in Summe 12,5 km.

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