Donnerstag, 20. August 2020

COVID-19-Reiseplanung für Statistikfreaks und Worst-Case-Modellierer

Unsere Planungen konkretisieren sich nicht so wirklich, bisher wissen wir nur, was wir nicht wissen/ tun werden:

Plan A, Island hat sich nach längerer Beobachtung der Quarantäneregelungen und den damit zusammenhängenden Unwägbarkeiten endgültig als Reiseland disqualifiziert:

Die behördliche Kommunikation ist weiterhin grottenschlecht, man weiß immer noch nicht so genau, ob man jetzt nach 4 Tagen oder nach 5 zum zweiten Test muss. Je nachdem, wann und wo man nachliest, variiert die Angabe bzw. die Berechnung des Zeitraumes. Generell ist es wohl aber so, dass man mittlerweile Zeitpunkt und Ort des 2. Tests basierend auf dem Quarantäneort zugewiesen bekommt. Danach dauert es dann im ungünstigsten Fall 24 bis 48 Stunden, bis man das (hoffentlich) negative Testergebis erhält. Fakt ist, im ungünstigsten Fall - wenn noch Wochenenden dazukommen, an denen nicht überall getestet wird - befindet man sich ganze 8 Tage in Quarantäne, statt den auf den ersten Blick gedachten 5 bis 6. Um den Worst Case abzudecken, muss man also für diesen Zeitraum eine feste und quarantänetaugliche Unterkunft buchen. Da bleibt vom ursprünglichen Plan, 14 Tage flexibel auf der Insel zu verbringen, schonmal nur noch die Hälfte übrig. Während der Quarantäne soll man noch dazu (sinnvollerweise) die Unterkunft möglichst wenig verlassen, man darf weder Einkaufen, noch Essen gehen, noch Ausflüge machen. Spaziergänge und kurze Autofahrten sind zwar erlaubt, aber in wie weit man dies ausreizen soll/will, ist fraglich. Manch einer mag dies jetzt als wunderbare Möglichkeit zur Entschleunigung sehen, das mag sicherlich eine Frage der Einstellung, aber auch des Geldbeutels sein. Ich bin gerne bereit, für das, was mir Island im Normalfall an landschaftlichen Eindrücken bieten kann, auch etwas gesalzenere Preise als im restlichen Europa in Kauf zu nehmen. Entschleunigen kann ich allerdings wesentlich günstiger woanders, wo ich vergleichbare Annehmlichkeiten zu zivileren Preisen bekomme und mich noch dazu dann etwas freier bewegen kann und nicht noch zusätzliche Kosten für Einkaufsservice etc. auf mich zukommen. 

Island hat bekanntermaßen außerdem den Vor- und Nachteil der Insellage: Wenn ich also jetzt einer der Wenigen wäre, die die Quarantäneregelung in Kauf nehmen, muss ich noch dazu mit Flugverlegungen/ -stornierungen rechnen. Im ungünstigsten Fall wird mir also mein ohnehin schon durch die Quarantäne  verkürzter Urlaub noch durch Flugänderungen verkürzt (oder auch verlängert), so oder so kann dies den Effekt haben, dass meine potentiell gebuchte Quarantäneunterkunft dann nicht mehr zum Reisezeitpunkt passt oder der Reisezeitraum im ungünstigsten Fall gar nicht mehr durch meinen Urlaubszeitraum abgedeckt ist. Mit diesen Hintergedanken und der zugehörigen Unberechenbarkeit der aktuellen Lage wäre die vielleicht noch ganz optimistische Betrachtungsweise des Entschleunigungsansatzes im Quarantänezeitraum jedoch vollkommen unentspannt.

Da wir bisher ohnehin nur 2 Übernachtungen, Mietwagen und Parken am Flughafen stornierbar gebucht haben, kein großer Beinbruch. Bei den Flügen schauen wir mal, ob Icelandair von selbst storniert, was unsere Verhandlungsposition stärken würde. Ansonsten können wir die Flüge kostenfrei im kommenden Jahr umbuchen oder uns alternativ einen Reisegutschein, gültig bis 2023 ausstellen lassen. Diese könnten wir dann - eine hoffentliche Verbesserung der Situation vorausgesetzt - sowohl für Flüge nach Island als auch für Kanadaflüge mit Icelandair einsetzen. Mit dem Risiko, dass Icelandair zwischenzeitlich pleite geht, muss man eben in der aktuellen Lage leben, sagt das hauseigene Risikomanagement.

Erstaunlich viel Text, nur für die Planung, was nicht geht. Kommen wir nun zur weiteren Planung von Plan B und C. Aus Praktikabilitätsgründen werden diese beiden Routen die gleiche Anreiseroute haben, wir werden die Reise auf jeden Fall mit der Anfahrt zum Fährhafen in Puttgarden auf der Insel Fehmarn beginnen und von dort am Folgetag nach Dänemark übersetzen. Dies ist glücklicherweise mit dem eigenen PKW und ohne unbeständige Flugpläne möglich. Im Notfall ließen sich sogar alternative Routen ohne Fähren finden. Somit ist der Zeitplan für An- und Abreise im Rahmen des Urlaubs schonmal etwas gesicherter. Ab hier kommt es dann darauf an, ob Deutsche zu diesem Zeitpunkt noch ohne Quarantäne nach Norwegen einreisen dürfen und an diesem Punkt gerät mein kleines Statistikerherz ein klein wenig in Wallung: Die Voraussetzung, dass ein Land aus norwegischer Sicht "gelb" ist und man daher ohne Quarantäne nach Norwegen einreisen darf, ist, dass die 14-Tages Infektionsrate/100000 Einwohner unter 20 liegt. Das Statistikerherz frohlockt, aber leider nur aufgrund der Möglichkeit zu Zahlenspielen. Beim Blick in die aktuellen Coronastatistiken liegt Deutschland am heutigen Tag bei 17.4. Da ist nicht mehr so viel Luft nach oben, zumal die Fälle seit einer Woche von Tag zu Tag fröhlich ansteigen. Es wird also eng bis zum geplanten Reisedatum.

Nichtsdestotrotz, Plan B, Norwegen ist - soweit unter diesen Umständen möglich - fertig geplant: Wir haben eine grobe Route, ein paar favorisierte Hotels und Sehenswürdigkeiten, das muss unter diesen Umständen reichen. Nach einer Fährüberfahrt möglichst früh morgens werden wir unmittelbar nach Ankunft in Rødbyhavn in einem Zug über die Øresundbrücke und E6 nach Norden folgend ohne Aufenthalt in Dänemark und Schweden bis zur norwegischen Grenze durchfahren. Die meisten schwedischen und dänischen Regionen - insbesondere diejenigen auf unserer Fahrstrecke - unterliegen nämlich zur Zeit der Norwegischen Quarantäneregelung, die allerdings nur für Aufenthalte, nicht aber für Transit im Privatwagen gilt. Die ersten Übernachtungen planen wir dann im Raum Fredrikstadt, um dann, wie folgt, den Süden Norwegens abzufahren:

 

(Karte erstellt mit https://www.google.de/maps)

Ob wir den Rückweg im Norden letztendlich so fahren, wie hier eingezeichnet, oder die Strecke südlich des Hardangervidda Nasjonalpark (das große Grüne an der Wegmarkierung "Fossli Hotel") zurückfahren, werden wir dann sehen. Letzter Punkt in der Planung ist jedenfalls der Nationalpark.

Plan C sollte aufgrund der aktuellen Lage auf gar keinen Fall vernachlässigt werden. Die Anreise nach Fehmarn und dann weiter nach Rødbyhavn bleibt analog zu Plan B. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wissen wir, ob wir ohne Quarantäne nach Norwegen einreisen dürfen oder nicht. Wenn nicht, bleiben wir in Dänemark oder fahren nach Schweden. Was läge hier für den geneigten Statistikfreak näher, als sich der Reiseroute mit Hilfe der aktuellen Infektionszahlen, die das Norwegische Gesundheitsministerium dankenswerterweise für alle Regionen Skandinaviens detailliert als 14-Tages-Inzidenz auf 100.000 Einwohner für die vergangenen vier Wochen aufschlüsselt, vorzuplanen. Frau macht mal eben eine kleine tabellarische Auswertung mit dem Ziel, sich keiner allzu unnötig größeren Gefahr als in der Heimat auszusetzen (das Ausleben meiner gepflegten Sozialphobie ist zusätzlich gerade in diesen Zeiten im Urlaub zentraler Bestandteil der Planung). Dennoch muss man ja mal einkaufen oder essen.

Die akribische tabellarische Auswertung ergibt eindeutig, dass man, wenn man nicht bis Schwedisch-Lappland reisen will (es aber auch nicht 100% ausschließen kann, wer kennt das nicht, da sitzt man im Auto und fährt auf einmal einfach weiter nach Norden ...) grundsätzlich mit der dänischen Region Seeland nicht völlig daneben liegt. Auch die Ostküste Schwedens weist örtlich sehr akzeptables Infektionsgeschehen auf und so wird sich unsere weitere Planung wohl auf diese Regionen - selbstverständlich in Kombination mit weiterhin akribischer Auswertung des Infektionsgeschehens in Heimat- und Reiseland - beziehen.

Es bleibt also irgendwie spannender, als mir lieb ist, aber das gehört halt gerade dazu.

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