Donnerstag, 2. März 2017

Auf der Suche nach dem Winter - Ein Drama in drei Akten. (23.02.2017)

23.02.2017
Akt 2: (Nicht nur) Niagarafälle
Wir besteigen wieder den UP-Express zum Flughafen (dabei sind wir doch gerade erst angekommen, zum Glück müssen wir noch nicht wieder abfliegen, erst morgen ... schon ...) um unseren Mietwagen abzuholen. Gebucht war ein Chevrolet Cruz, das Modell sagt mir nichts, sollte aber irgendwas untere Mittelklasse sein. Bekommen haben wir einen Chevrolet Malibu, sagte mir auch nichts, ist aber die nächst größere Klasse. Immerhin passt da unser Gepäck locker in den Kofferraum. Fahren tut sich das Gefährt wie eine typische amerikanische Limousine, etwas schwammig in Federung und Lenkung, ansonsten ganz bequem, vor allem die blaue Amaturenbeleuchtung (von der ich leider kein Foto gemacht habe) ist sehr futuristisch. Schick sieht er ja schon aus.

Wir fahren gemütlich (es sind sowieso maximal 100 km/h erlaubt) Stadtauswärts, viel Verkehr ist auch nicht und nach anderthalb Stunden erreichen wir die Niagara Falls. Ersmal unser Hotel gesucht, ich finde den Ort beeindruckend hässlich und unübersichtlich, aber das hatte ich auch nicht anders erwartet und das Navi erweist sich als sehr hilfreich. Es ist natürlich noch viel zu früh zum Einchecken, aber wir können den Wagen bereits auf dem Parkplatz des Radisson Hotel Fallsview abstellen. Wir machen uns also zu Fuß auf in Richtung der Fälle und stellen zunächst einmal fest, dass es gar nicht so einfach ist, einen Weg vom Hotel nach unten zu finden. Zunächst stoßen wir auf eine Art Zahnradbahn, die uns gegen einen geringen Obulus von 2.75 CAD oder 7 CAD für Fahrten am kompletten Tag nach unten bringen würde. Brauchen wir nicht, beschließen wir schließlich sind wir noch halbwegs jung und gut zu Fuß. Wir halten uns also links Richtung Casino, bewundern kurz die kleine Version des CN-Towers...
... und finden einen anderen Weg nach unten, wo wir ziemlich genau gegenüber der American Falls auf die Uferpromenade treffen. Trifft sich gut, da ich diese ohnehin weniger spektakulär als die Horseshoe Falls finde, also beginnen wir unsere Besichtigung hier (nachdem mir zwischenzeitlich wieder der Fleck in meiner Kamera auffiel und ich mich wieder kurz ärgern muss, lässt sich aber zum Glück weitgehend wegretuschieren). Im Gegensatz zur Wettervorhersage, die zwar mindestens 10 °C aber trüb und regnerisch vorhergesagt hat, reisst auf unserem Weg nach unten der bei unserer Ankunft noch vollkommen bewölkte Himmel komplett auf. Scheiss auf Eis und kalt, so ist auch ganz nett!

Bridal Veil Fall (Man beachte bitte den Hauch von Winter rechts im Bild.)
Für diesen Besuch habe ich mir extra einen Satz ND-Filter für die Kamera angeschafft, um auch mal kitschige, langzeitbelichtete Wasserfallfotos zu machen. Den dunkelsten aufgeschraubt und losgelegt. Nach einigem Experimentieren und der Erkenntnis, dass mein ISO wohl vom Aquariumbesuch noch bei 800 steht, obwohl ich sicher war, ihn runtergedreht zu haben (das erklärt auch, wieso die Bilder gestern mir irgendwie so körnig vorkamen), finde ich eine halbwegs brauchbare Einstellung und bekomme einen hauch von Kitsch ins weichgezeichnete Bild:
Ist mal ein netter Effekt, aber irgendwie mag ich Wasserfälle wie sie mit bloßem Auge sind auch sehr gern. Wir bewegen uns also langsam und fotografierenderweise an der Promenade entlang in Richtung der kanadischen Fälle. Vorher gibt es natürlich diverse unterschiedliche Perspektiven der American Falls:
Wir passieren das Besucherzentrum und das untere Ende der Zahnradbahn und überlegen kurz, ob wir dort jetzt reingehen sollen und fragen, wo man denn die Fässer ausleihen kann, um sich die Fälle hinabzustürzen ;-), können uns aber den Spaß gerade so noch verkneifen.
So langsam kommen die Horseshoe Falls in fotografische Reichweite:
Nachdem wir die Gischtwolke der Horseshoe Falls passiert haben (und die Kamera wieder halbwegs trocken ist) sehen wir beim Blick zurück in Richtung Rainbow Bridge, dass sie aus dieser Perspektive Ihrem Namen alle Ehre macht.
Noch ein bisschen mit Langezitbelichtung rumgespielt (immerhin sieht es so aus, als sei es wahnsinnig kalt)...
...dann bringe meinen Mann jetzt zu meiner absoluten Lieblingsstelle auf kanadischer Seite der Fälle, genau da, wo das Wasser über die Kante fließt. Ich finde diese Perspektive total faszinierend, auch er ist davon sehr angetan.


Auch hier ein bisschen weichgezeichnet (es sieht so wahnsinnig kalt und winterlich aus!!!)...
... und nochmal den Regenbogen entdeckt.
Dann passiert das, was eigentlich immer irgendwann passiert, wenn wir unterwegs sind: Wir beschließen, einfach mal weiterzulaufen (so entstehen schonmal stundenlange Wanderungen aus "wir gehen mal eben mit dem Hund raus") und zu schauen, wie es oberhalb der Fälle aussieht. Wetter ist ja gut (und warm!), Leute sind hier kaum noch unterwegs und der Weg ist noch lange gut ausgebaut. Die Hotelburgen sehen auch von hier unten nicht wirklich schön aus.
Dafür ergeben sich immer mal wieder schöne Perspektiven auf die Oberkante der Fälle und die beeindruckenden Stromschnellen...
... mit mutigen Möwen auf Felsen unmittelbar vor den Fällen...
... Ausblicken mit Regenbogen..


Mittlerweile sind wir an dem ersten der drei oberhalb liegenden Wasserkraftwerke angekommen, wo das Wasser formschön und glatt über eine Schwelle fließt...
... und auch ganz schön weit von den Fällen entfernt... wie konnte das nur wieder passieren?
Wir entscheiden uns nun aber doch, unseren ursprünglichen Plan "Wir folgen mal der Straße, irgendwann muss es ja auch hier wieder auf die obere Ebene zum Hotel gehen." zu verwerfen und allmählich mal den Rückweg anzutreten. Aufgrund des schönen Wetters haben wir uns nämlich zwischenzeitlich noch spontan dazu entschieden, noch nach Niagara on the Lake zu fahren. Auch in der leisen Hoffnung, dass ich dort endlich ein Eis bekomme, inzwischen ist es schließlich früher Nachmittag und etwa 15 °C. Vorher fotografiere ich noch den etwas bizarren Anblick einiger toter Bäume im Wasser und eines Industriegebiets mit kuppelartigem Bauwerk auf amerikanischer Seite des Niagara Rivers.
Am Wasserkraftwerk überqueren wir die Straße und wandern über den dahinter liegenden Parkplatz zurück, in der Hoffnung, doch noch auf eine Treppe oder einen Fußweg nach oben zu treffen.

Links im Bild unser Hotel

Wir sind erfolglos und irgendwann kommen wir wieder an der Brücke zum Besucherzentrum und der Zahnradbahn an.
Da wir wirklich keine Lust mehr haben, quer durch den Ort zur einzigen Straße nach oben zu laufen und wir ja noch einen spontanen Ausflug "geplant" haben, kapitulieren wir und begeben uns zur Seilbahnstation. Dort wollen wir - in weiser Voraussicht des herrannahenden Abends und der Tatsache, dass ich ja im Dunkeln nochmal zum Fotografieren der beleuchteten Fälle mit Stativ nach unten möchte - dann eben gleich ein Gaztagesticket kaufen. Zum Glück weist uns der ausgesprochen nette Ticketverkäufer darauf hin, dass die Bahn im Winter (ach da war ja was) nur bis 18 uhr fährt und sich daher die Tageskarte nicht lohnt, wenn man nur abends nochmal runter möchte. Wir kommen noch ein wenig ins Gespräch, wir erwähnen, dass wir eigentlich gehofft haben, am Wasserkraftwerk auf der Straße nach oben laufen zu können. Gut dass wir es nicht versucht haben, er sagt, es sei sogar mit dem Auto eine zehnminütige Fahrt. Außerdem verkündet er im Rahmen unserer Unterhaltung, dass es ja zur Zeit viel zu warm sei, und sie sonst im Februar "inches of ice" an den Fällen hätten. Ja danke, genau da swollte ich hören, während ich in meiner Winterjacke schwitzend hier stehe, und es seit gestern nicht einmal geschafft habe, ein Eis zum Essen bekommen.

Wir fahren mit der Bahn nach oben, holen unser Auto vom Hotelparkplatz und fahren nach Niagara on the Lake. Ein sehr hübsches Städtchen:


Wir bummeln ein wenig durch die Hauptsraße und stoßen tatsächlich nach kürzester Zeit auf eine Filiale der Rocky Mountain Chocolate Factory. Diese kennen wir schon aus unseren Besuchen an der Westküste (kein Wunder, Firmensitz ist Burnaby, B.C.) und wir decken uns nicht nur mit Schokolade für zu hause ein, ich bekomme auch endlich mein lang ersehntes Eis. Zufrieden laufen wir weiter durch den Ort bis hinunter zum Ontariosee und ich fotografiere mal eben Fort Niagara auf der US-Seite des Sees.
Hocherfreut (wir sind doch ein wenig klebrig vom Eis) finden wir ein Toilettenhäuschen direkt am See, das aber leider, wie alle anderen bis auf eines mitten im Ort, saisonbedingt geschlossen hat. Es hat halt auch Nachteile, in der Nebensaison zu reisen: es gibt weniger Eis und weniger Toiletten. Weil das Wetter noch eingermaßen gut ist und wir eigentlich erst zum Abendessen und zum Anblick der beleuchteten Fälle wieder in Niagara Falls sein wollen, fahren wir die ausgeschilderte Küstenstraße zurück, vorbei an Weingütern (die Region hier ist nämlich eines von Kanadas Weinanbaugebieten), riesigen Villen mit Seeblick und halten zwischendurch am ein oder anderen Aussichtspunkt, hier mit Blick auf den Niagara River:
Wir nähern uns langsam wieder Niagara Falls, es wird wieder ein wenig touristischer (hier befindet sich auch die Floral Clock, die im Winter allerdings wenig spektakulär ist) und ab und an bieten sich auch interessante Ausblicke auf die gegenüberliegende, US-Amerikanische Seite:
Ein Wasserkraftwerk (dass vom Baustil her ziemlich kommunistisch wirkt...irgendwie lustig)...
... und interessante Gebäude daneben.
Irgendwann erreichen wir den Whirlpool, wo das Wasser des Niagara Rivers durch den Schwung der Fälle auf das gegenüberliegende Ufer trifft, dieses abträgt und dann wieder rechtwinklig weiterfließt (würde man die beiden unteren Bilder nebeneinander legen, hätte man ziemlich genau ein Panoramabild des Whirlpools und des Flussverlaufs):
Wie schade, dass Winter ist, sonst könnten wir jetzt mit dieser überaus vertrauenserweckenden Seilbahn über den Whirlpool schweben. Naja, vielleicht nächstes mal, wenn wir auch den Fassverleih gefunden haben ;-)
Wieder am Hotel angekommen, beziehen wir unser Zimmmer mit guter Aussicht auf die kanadischen Fälle...
... packen schonmal Kamera und Stativ ein und begeben uns zum Burger-Restaurant "The Works". Kulinarische Highlights wollten wir in einem Ort wie Niagara Falls gar nicht erst suchen, aber der Burgerladen wurde extrem gut im Internet bewertet und las sich auch von der Karte her recht originell. Scheint eine Kette zu sein und ist auch innen sehr originell eingerichtet, man kommt sich ein bisschen vor wie auf einer Baustelle. Da wir mit dem Auto unterwegs sind, gibt es heute mal Cola zu trinken, wenigstens kommt diese als Free Refill und in einem vernünftig großen (Mess-)Becher:
Der schicke Salzstreuer springt uns auch gleich ins Auge.
Nach ausführlichem Studium der Speisekarte entscheide ich mich für den Smokey Mountain mit extra karamellisierten Zwiebeln:
Mein Mann nimmt den Gettin' Piggy with it:
Dazu einen Ceasars Salad, mindestens einmal muss ich den in Nordamerika essen, und ich hatte noch keine Gelegenheit dazu. Alles wird in einer schicken Zinkwanne im Baustellendesign serviert. Ich finde es lustig, noch dazu sind die Burger ausgesprochen gut. Pappsatt und eigentlich todmüde von dem langen Tag gehen wir wieder zum Auto und fahren runter zum riesigen Parkplatz an den kanadischen Fällen, den wir am Nachmittag bereits durchwandert haben. Ein Vorteil der Nebensaison: abends kostet es keine Parkgebühren mehr (nachmittags wären es doch schlappe 10 CAD gewesen). Wir schultern Stativ und Kamera und begeben uns zu den Fällen, wo ich so lange das Lichtschauspiel fotografiere, bis uns kalt wird und wir ins Hotel zurück gehen. Ich lasse hier einfach zum Abschluss die Bilder für sich sprechen.











1 Kommentar:

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